Dieter Schulte

IG Metall
IG Metall
Video 1 – 7:42
Betriebsrati
Sinteranlagei
Duales Ausbildungssystemi
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)i
Schichtarbeiti
Video 2 – 7:52
Streiki
35-Stunden-Wochei
Arbeitgeberi
Vertrauenskörperi
Video 3 – 2:35
Arbeitsrechti
Aufsichtsrati
Unternehmeni
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)i
Es waren aber nie Unterbrechungen in der Erwerbsbiografie. Also es war immer ansatzlos. Ja, die Jahre, wenn ich nach der Schulentlassung die ersten zwei, drei Jahre bedenke, war ich – heute würd ich sagen – ‘n flotter Typ. Ich hatte genügend Geld zur Verfügung für damalige Verhältnisse, war auch gewissen Genüssen nicht abgeneigt, sodass ich immer mehr Schwierigkeiten im Elternhaus bekam, das zu der Konsequenz führte, dass insbesondere mein Vater sagte, also entweder gehst du auch ‘ner regelmäßigen, ordentlichen Beschäftigung nach und das nicht aufm Bau, sondern auf einem Hüttenwerk. Passte mir überhaupt nich, aber es war 1957… 59, aber letztendlich um des, wie heißt das so schön, lieben Friedens willen, hab ich damals mich bereiterklärt, auf einem Hüttenwerk anzufangen. Das war die damals noch Niederrheinische Hütte, das war ein integriertes Stahlwerk, also mit Hochofen, mit Stahlwerken und Walzdrahtstraßen im Duisburger Süden, das heißt, von meinem Wohnort musste ich damals schon immer 12, 13 Kilometer, am Anfang mit dem Fahrrad, später mit einem Werksbus fahren. Das heißt, es bestand immer ein gewisser Aufwand, nicht in der Arbeitszeit 8 Stunden alleine, sondern auch in den Arbeitswegen. Ich erwähn das deshalb an der Stelle, weil später in meiner gewerkschaftspolitischen Tätigkeit ‘ne Rolle spielte, wenn ich mit solchen Dingen konfrontiert war. Also hab ich auf dem Hüttenwerk angefangen, auch da nicht ohne Probleme, denn als gelernter Maurer glaubte ich ja, ‘nen besonderen Status zu haben und musste schnell feststellen, auf einem Hüttenwerk läuft man nicht in einer weißen Maurerkleidung rum, sondern in feuerfesten roten oder orangefarbenen Anzügen. Passte mir überhaupt nicht und ich hatte sehr viel Ärger im Anfang. Ich weiß noch, einen Tag erschien ich morgens um acht Uhr schon bei der Personalabteilung und wollt meine Papiere abholen. Auf die Frage warum, hab ich gesagt, ich bin hier als Maurer und nicht als Hilfsarbeiter. Ja, sagt er, er würd mich dann woanders hin vermitteln. Wie lange ich denn schon auf dem Hüttenwerk sei. Und dann hab ich ihm gesagt, drei Tage und da war er doch ‘n bisschen verwundert, dass ich die Nase schon voll hatte nach den Tagen. Aber wie gesagt, das hing auch ‘n bisschen mit meinem damals noch unsteten Leben mit Sicherheit zusammen. Ich blieb also dann auf dem Hüttenwerk und begann dann damals, es wurde eine neue Sinteranlage gebaut, dafür habe ich mich dann interessiert, weil die Metallurgie zwischenzeitlich für mich auch … auch als Wissen schon ‘ne Rolle spielte und als Zweites natürlich, es war weniger an körperlicher Arbeit abverlangt, sondern ich hielt es damals noch für ‘n schönen Job, in dieser Anlage zu sein. Und es lief dann auch ganz gut. Ich besuchte dann auch die sogenannte Hüttenschule, also eine weiterführende Schule, die dazu dienen sollte, später eine Meisterprüfung beziehungsweise eine weiterführende Technikerschule zu besuchen. Damals, das war also dann 1959, waren meine ersten direkten Kontakte mit der Gewerkschaft. Ich hatte vorhin schon erwähnt, als ich meine Ausbildung bei der ersten Firma nicht beenden konnte, war ich bei der IG Bau-Steine-Erden, da wurde mir geholfen durch Anton Riederer, das war damals der Bevollmächtigte von Bau-Steine-Erden, der aber dann natürlich auch dafür gesorgt hat, dass ich Mitglied der IG Bau-Steine-Erden wurde. Das änderte sich dann, als ich in die Niederrheinische Hütte eintrat. Da war es nicht die Frage, ob ich Mitglied der Gewerkschaft werden wollte, sondern beim Einstellungsgespräch wurde mir der Aufnahmeschein hingelegt. Aber das war für mich nicht verwunderlich, mein Vater war gewerkschaftlich organisiert, also ich war über die Bau-Steine-Erden und ging dann in die IG Metall und in der Sinteranlage dann, auf der ich dann oder in der ich dann Wechselschicht hatte, also Früh-, Mittag- und Nachtschicht und regelmäßige Sonntagsarbeit, also vollkontinuierlich, hatte ich die ersten Kontakte mit der Gewerkschaft, weil der Kranführer, der für mich auf der Füllstation arbeiten musste, Betriebsratsmitglied war und der mir immer wieder sagte, also heute kann ich nich so lange, ich hab ‘ne Sitzung, morgen dies und hab ich gedacht, Donnerwetter, der hat ja ‘n feines Leben. Der kann sich hin und wieder verdrücken, um angeblich solche Arbeiten durchzuführen. Da war aber nur so ‘ne kurze Momentaufnahme, war ein netter Kerl, der, Reinhold Berger hieß er, war später mal Betriebsratsvorsitzender auf der Niederrheinischen Hütte. Also wir haben uns damals nicht ganz aus den Augen verloren. Aber wie gesagt, das waren so die Anfänge, um auch mal gewerkschaftspolitisch zu diskutieren. Da ich zeitgleich mit meinem Vater auf der Niederrheinischen Hütte arbeitete, hatten wir dann auch versucht, nachdem ich dann stolzer Inhaber eines PKWs wurde, auch gemeinsam zur Arbeit zu fahren. Ich nahm ihn dann mit und durch die politische Diskussion, die begann, erfuhr ich dann auch, was ich vorher gar nicht wusste als Heranwachsender, dass mein Vater der damaligen KPD nahestand und sogar zeitweise Mitglied war. Das hat ziemliche Diskussionen ausgelöst. Ich war zwar gewerkschaftspolitisch, aber nich parteipolitisch engagiert, aber die Thesen, die ich über den Kommunismus hörte und die KPD, die war nicht grade dazu angetan, mich für eine politische Partei zu begeistern. Mein Vater ist auch nur vorübergehend dort gewesen. Als die KPD verboten wurde und Max Reimann, das war der damalige Vorsitzende der KPD keine Rolle mehr spielte, hat er die KPD auch verlassen, ohne dass natürlich die Thesen und die Theorien des Kommunismus ganz aus seinem Kopf verschwunden sind. Wir bildeten dann als Episode zwischendurch mal, wir bildeten dann eine Fahrgemeinschaft, mein Vater, ich und ein weiterer Mitarbeiter, und ich werd nie vergessen, auf einem Weg nach Hause, also von Hochfeld nach Hamborn, etwa 10, 12 Kilometer hatte ich mit meinem Vater ein derartiges Streitgespräch um eine Sache, die ich heute gar nicht mehr in Erinnerung hab, aber wir haben uns, ja im Ruhrgebiet sagt man, so richtig gefetzt, bis uns auf einmal auffiel, dass der Wagen nicht mehr fuhr, sondern unser Bekannter, der Günter Saal, war rechts rangefahren und als wir fragten, was ist los, hat er auf die Uhr geguckt und sagt, ihr streitet euch seit 25 Minuten und merkt nicht, dat ich die ganze Zeit schon hier stehe. Mir ist das damals gar nicht bewusst gewesen, aber wenn ich überleg, dass man sich in einer Diskussion so verzetteln und so verbeißen kann, dass man nicht mal feststellt, dass das Auto nicht mehr fährt und am Rand steht, also das ist mir hin und wieder später häufiger durch den Kopf gegangen, indem ich mir dann gesagt hab, also verzettel dich bitteschön nicht, mach nicht so verbiestert, versuch locker zu bleiben, auch wenn’s nicht immer gelungen ist.
Als wir reingingen in den Streik war so ‘ne Art, wir sind jetzt die Spitze der Organisation, man hat uns ausgesucht, Thyssen, um diesen Streik zu führen mit einem zentralen Thema, nicht 0,3 % mehr Lohnerhöhung, sondern den Einstieg in … in die 35-Stunden-Woche zu erreichen. Und ich kenne heut die Plakate noch, ne: Samstags gehört der Vati mir und die aufgehende Sonne mit den 35 Stunden. Es … Das war also so etwas, was einen unterstützt hat, was einem Dynamik gegeben hat. Selbst die Probleme, von denen ich vorhin gesagt hab, 20 Streiklokale rundum zu besetzen, die Tore zu besetzen, Notbelegschaften auszusuchen, das war eine wahnsinnige Aufgabe, aber die konnte nur gelingen, weil man den Drive hatte, in dem Augenblick, jawoll, die trauen dir das zu, du traust dir das auch zu, mach es. Und dann kamen diese sechs Wochen, die geprägt waren von weiteren Verhandlungen. Und waren die dollsten Dinge dabei. Wir haben dann natürlich, als die Verhandlungen hier in Duisburg stattfinden, im Duisburger Hof, werd ich nie vergessen, standen wir dann wieder mit tausend, anderthalbtausend Leuten vorm Tor, Megaphone in der Hand und jeder seinen Spruchzettel. Eins, zwei, drei und vier, die Arbeitszeit verkürzen wir. Und ich hab dann irgendeinem Kollegen, der dat Megaphon dann hielt, hab ich dann den Zettel gehalten und hatte vorher auf den Zettel draufgeschrieben gehabt als Spruch Nummer zwei: Lieber keine Überstürzung bei der Arbeitszeitverkürzung. Das hat mich irgendwie geritten und ich hatte aber geglaubt, der … der liest das vorher. Nee, aber der hat nur noch abgelesen und rief dann mit Megaphon vor den Arbeitgebern: Lieber keine Überstürzung bei der Arbeitsverkürzung. War konträr zu dem, was natürlich unsere Forderung war und das hat bei einigen zu Unmut geführt und die wenigen, die da verstanden, dat dat ‘n Jux war in der Zeit und noch im Grunde genommen zur Aufmunterung der Demenzen da führen wollte. Aber in den sechs Wochen hatte man kaum Gedanken und die Fragen zur Rückkehr zum Selbstbewusstsein, zu jawoll, wir können es, weil es eine wahnsinnig anstrengende Geschichte war. Es waren genügend Leute, die alle möglichen Ausreden hatten, warum sie nich mehr am Streik beteiligt sein wollten. Es gab ‘ne Menge Leute, die nur zu Demonstrationen kamen, weil sie an dem Tag während der Demonstration ihren Stempel, den sie täglich abholen mussten, für die Streikunterstützung, bekommen haben. Ich gestehe, dat war damals keine gute und vernünftige Entscheidung, aber wir … wir wollten es haben, um auch genügend Menschen präsentieren zu können und Veranstaltungen selbst für die Thyssen-Gruppe mit zehn-, zwölftausend Menschen zu machen. Und da ist bei einigen natürlich angekommen, dass sie gesagt haben, die haben mich gezwungen und weil ich auf das Geld angewiesen bin, bin ich da hinjegangen. Also man war in diesen sechs Wochen unwahrscheinlich vereinnahmt. Dann kam das Ergebnis. Wir haben den Einstieg in klassischer Form mit der Drei vorne nich geschafft. Das Ergebnis insgesamt vom Volumen her runtergerechnet war eine 38,5-Stunden-Woche. Also wir hätten es geschafft, aber die Vier stand trotzdem vorne und das war der schwerste Teil, weil man sagt, du bist voll da reingegangen. Du hast dich sechs Wochen aufgeopfert. Ich wusste zwar, so viel konnte man ja nun tarifpolitisch nachvollziehen, dass wir ‘n hervorragendes Ergebnis hatten, aber wir mussten uns auseinandersetzen mit denen, die sagten, ihr habt euer Ziel nicht erreicht. Und das hat natürlich an dem Selbstbewusstsein geknabbert. Heute weiß ich, dass ich sehr schnell damit fertiggeworden bin. Ich weiß nich, warum. Vielleicht hat ich noch die innere Stärke, weil ich viele Kollegen von mir, die im Vertrauenskörper an … an durchaus gehobener Stelle waren, die also uns den Rücken zuwenden wollten, die hab ich wieder begeistert dafür, hab die zurückgeholt, hab die überzeugen können. Also das heißt, so die temporär mal verschwundene Dynamik, das Selbstbewusstsein war weg nach dem Arbeitskampf damals, aber nur ganz kurze Zeit und bei den ersten, wir haben sehr viele Veranstaltungen dann durchgeführt, haben nich versucht zu rechtfertigen, sondern haben auch, das war ja dann die rhetorische Geschicklichkeit, die man brauchte, darauf hingewiesen, welche Fehler, was man nich erreicht hatte, um letztendlich zu dem überzugehen, was man erreicht hat und wenn man einen gefragt hat, wie viel Wochen Urlaub hast du jetzt, der sagt 6 Wochen und zusätzlich, weil er älter als 50 war, noch 3 zusätzliche Urlaubstage, die hat keiner in Deutschland, in Europa, war er stolz. Dann hat man gesagt, gut gemacht. Also es war ‘n schwieriger Prozess und der hat mich geprägt, der hat mir auch gesundheitlich zugesetzt, hab ich noch nicht drüber gesprochen, aber ich bin anschließend irgendwo bei ‘m Besuch im Krankenhaus umgefallen und bin dann sofort zur Kur gekommen. Das hat mir zwar gutgetan, aber war für mich insofern ärgerlich, weil ich gesagt hab, jetzt fehlst du auch noch innerhalb des Betriebes, aber das war wie gesagt die Phase danach. Und ich will damit nur sagen, solche Dinge kann man einmal im Leben machen oder zweimal, also Streik einleiten, Streik durchführen, Ergebnis vertreten und weitermachen. Und wir hatten zwar politische Gegner auf der Arbeitgeberseite, aber ich hab sie nie als Feinde angesehen, weil ich gedacht hab, das geht einfach nicht. Ich hab andere Einschätzungen, andere Einstellungen. Wir treten uns auf Augenhöhe gegenüber, Visier hochgeklappt, offen ansehen und wenn man sich noch so beschimpft, am Tag darauf muss man sinnvoll wieder verhandeln können. Das hat nich jeder so gesehen. Ich erinner mich, als ich aus einer Tarifkommissionssitzung kam, nachts, irgendwo morgens zwei, drei Uhr, ich hatte dann veranlasst, dass sofort unser Vertrauenskörper zusammengerufen wurde im Kinosaal mit mehr als hundert Leuten und hab das Ergebnis vorgetragen, muss dazu sagen, während der Fernsehübertragung war eine kurze Phase, als ich mit dem Arbeitgeberpräsidenten zusammenstand, wir unterhalten uns über ein Fußballspiel, das lief, und als ich das Ergebnis hör, hab ich mich gefreut. Und diese Freude haben die Journalisten beziehungsweise die Fernsehreporter natürlich mitgeschnitten gehabt und der Vorhalt, der mir am nächsten Morgen gemacht worden ist, Schulte, erzähl nich, wir haben das gesehen, statt ernsthaft zu kämpfen und ernsthaft Tarifverträge abzuschließen, habt ihr Spaß gehabt und habt euch gegenseitig Witze erzählt. Das war deshalb für mich so nachhaltig, weil ich gedacht hab, mein Gott, verflixt noch mal, auf was achten die Menschen alles. Das hat mich insofern geprägt, ich hab vorhin schon mal gesagt, dass so die Spontanität bei mir verlorenging, dass ich jedes Wort überlegt hatte, weil mir das immer noch im Kopf war und hab gesagt, ich hab wirklich verhandelt bis zum Geht-nich-mehr. Es war nichts mehr drin und dann unterhält man sich kurz über ‘n Fußballspiel und Ergebnis, lächelt und andere legen das aus, als wenn man die Arbeitnehmer verraten hätte. Also das war auch so ‘n prägendes Element. Man kann’s nicht jedem recht machen, und ich muss nicht immer mit’m sauertöpfischen Gesicht rumlaufen, wenn ich mit’m Arbeitgeber sprech, sondern entscheidend sind die Ergebnisse, die ich da erreichen kann. Und ich glaub, heute sind mehr Leute dazu geneigt, einen an einem Ergebnis zu beurteilen und weniger an einer Darstellung im Fernsehen oder wie auch immer, obwohl das auch wichtig is.
Wenn ich überleg, meine eigene Biografie, aus einem Volksschul- oder Hauptschulabgänger, damals war es noch die Volksschule, normal, zwar mit einigen Weiterqualifizierungsmaßnahmen, aber keiner höheren Schulbildung, sondern auch weitestgehend Autodidakt geblieben, ich hab mich zwar juristisch über Arbeitsrecht informieren und weitergebildet, aber das waren ja alles enge Dinge, die gelaufen sind. Wenn damals jemand gesagt hätte, also der, mit einer derartigen beginnenden Biografie wird mal Vorsitzender der … des DGB werden, ich hätt ihm mit Sicherheit den Vogel gezeigt und ich bin auch überzeugt davon, dass eine parallele Entwicklung einer Biografie wie die meine kaum noch möglich ist. Es werden heute andere Dinge verlangt. Ich hab in den Zeiten als Vorsitzender häufig und auch dann in den Aufsichtsräten, in denen ich vertreten war, gemerkt, wo meine Defizite lagen. Nur ich hab dann immer nachgefragt. Ich hab also nich so getan, als wenn ich verstanden hab, wenn über gewisse finanzielle Dinge gesprochen wurde, sondern ich hab manchmal auch ziemlich plump gefragt und hab gesagt, hörn Sie mal, was Sie jetzt da erzählt haben, können Sie mir das auch mal in Deutsch sagen. Ich versteh das nicht. Ich glaub, das war eines der wichtigen Dinge, die ich mir erhalten hab, dass ich nicht so getan habe, als wenn ich alles verstehe, was da abläuft, sondern hab auch unmissverständlich gesagt, also hier ist eine Seite, wo ich nich weiterkomme. Ich hab das auch gemerkt, weil ich viel Sachverstand von meinen engsten Mitarbeitern einholen musste, grade für die Tätigkeit als Aufsichtsrat oder auch bei Auslandsaktivitäten. Und wenn man es trotzdem über, na ja, gut, ich bin … mit 14 Jahren hab ich begonnen zu arbeiten und mein… 51 Jahre hab ich Rentenversicherungsbeiträge gezahlt. Also ‘ne Erwerbsbiografie, die 51 Jahre Tätigkeit beinhaltet, Frau von der Leyen würde sagen, da bekomm ich natürlich die 10 Euro Zusatzrente nich, aber wie dem auch sei, is schon außergewöhnlich. Und ich merk’s jetzt auch bei meinem Sohn, nachdem der sein Studium vollendet hatte und in verschiedenen Unternehmen gearbeitet hat, is er heute Vorstandsmitglied in einem Dax-Unternehmen is. Das ist eine Entwicklung, die er ohne Hochschulbesuch mit Sicherheit nich hätte schaffen können. Also es is schon eine Seltenheit, wenn man überlegt, wie ich dazu gekommen bin.
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Dieter Schulte wurde am 13. Januar 1940 in Duisburg geboren. Nach dem Besuch der Volksschule begann er zunächst eine Maurerlehre. 1959 nahm Schulte dann eine Stelle als Brenner bei der Thyssen Niederrhein AG in Duisburg-Hochfeld an, der weitere Jahre als Qualitätsbeobachter folgten.

1957 trat Schulte der IG Bau-Steine-Erden bei und wechselte 1959 zur IG Metall. Schulte wurde bei Thyssen schnell Mitglied des Betriebsrats und Betriebsratsvorsitzender im Werk Hamborn sowie schließlich Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Thyssen Stahl AG. Ab 1970 übernahm er verschiedene gewerkschaftliche Aufgaben: Vertrauensmann, Leiter des Vertrauenskörpers, Mitglied der örtlichen und bezirklichen Tarifkommission.

1991 wurde Schulte in den geschäftsführenden Vorstand der IG Metall gewählt und übernahm die Leitung der Zweigstelle in Düsseldorf („Stahlbüro“). 1994 wurde er dann Nachfolger des überraschend verstorbenen DGB-Vorsitzenden Heinz-Werner Meyer.

In Schultes Amtszeit beim DGB bis 2002 fielen vielfältige Herausforderungen wie beispielsweise eine Organisationsreform zur Stärkung des Dachverbandes gegenüber den Einzelgewerkschaften. Ferner startete der DGB Initiativen zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, die Verkürzungen und Flexibilisierungen von Arbeitszeiten vorsahen, Billiglöhne aber anprangerten. Ein weiteres bedeutendes Thema waren Reformen des Sozialstaates, speziell des Rentensystems, wo sich Schulte für eine Reform verbunden mit privater Eigenvorsorge aussprach. Er engagierte sich zudem für die Ausweitung der europäischen Gewerkschaftsarbeit und befürwortete die Einführung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

2003 wurde Schulte stellvertretender Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zudem war er in verschiedenen Aufsichtsräten tätig und ist seit 1972 SPD-Mitglied.

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