Günter Petzsch

IG Bergbau, Chemie, Energie
IG Bergbau, Chemie, Energie
Video 1 – 4:00
Betriebsgewerkschaftsleitungi
Video 2 – 3:49
Staatssicherheitsdiensti
Wiedervereinigungi
Video 3 – 5:42
Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB)i
Wiedervereinigungi
Ich habe die Grundschule besucht, bin dann nach der achten Klasse, habe ich dann das heutige Gymnasium, die Erweiterte Oberschule zur damaligen DDR-Zeit, besucht und habe 1960 das Abitur gemacht. Und ich hatte damals immer überlegt: „Was machst denn du, dann später mal?“, hatte zwei, drei interessante Sachen für mich, eigentlich mir rausgesucht – wollte eigentlich Jurist werden. Und damals, zu dieser Zeit, wurde mir zumindest die Auskunft erteilt, dass man da mindestens drei oder vier Jahre Berufsausbildung vorher haben muss, ehe man dieses Studium bestreiten könnte. Und da habe ich dann doch überlegt, ob ich so lange warte, um dann dieses Studium zu beginnen, und da habe ich dann geschwankt, zwischen Sportstudium – das war sowieso immer mein großes Hobby, heute noch – und/oder der Chemie. Letztlich habe ich mich für die Chemie entschieden, habe dann 1964, korrekt 1965, das Studium an der Karl-Marx-Universität in Leipzig begonnen, das Grundlagenstudium, bin dann 1967 gewechselt, zur Bergakademie in Freiberg, um das Chemiestudium dort fortzusetzen. Das hatte folgenden Grund: Da ich also immer sportlich noch aktiv war, ich habe an, damals DDR-Meisterschaften und Weltmeisterschaften mit teilgenommen, in der Disziplin Radbahn und habe beim Sportklub Leipzig erst und dann später, wo ich dann in Freiberg studiert habe, beim Sportklub Karl-Marx-Stadt dort – ich sage mal nebenamtlich – Sport mit ausgeübt, und so habe ich dann auch das Studium fortgesetzt, an der Bergakademie in Freiberg. Ich bin 1971 fertig geworden, habe das Studium also beendet und habe im gleichen Jahr dann, im VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt, als wissenschaftlicher Assistent angefangen, in der Forschungsabteilung Anwendungstechnik, zu arbeiten. Ich habe 1973 dann die Abteilung geleitet, in der ich ursprünglich angefangen hatte zu arbeiten. Das habe ich ausgeübt bis 1980, als Abteilungsleiter der Forschung und habe dann die Funktion des hauptamtlichen BGL-Vorsitzenden, in der Fettchemie Karl-Marx-Stadt, ausgeübt. Diese Funktion habe ich dann bis 1986 ausgeübt, um dann zum VEB Minol zu wechseln, mit derselben Funktion des BGL-Vorsitzenden, des hauptamtlichen BGL-Vorsitzenden, und das habe ich ausgeübt, bis 1989, Ende 1989, und bin dann Ende 1989, Anfang 1990 zur IG Chemie, Glas und Keramik gewechselt. Ich habe dort angefangen, als Gewerkschaftssekretär zu arbeiten.
Ja, das spiegelt eigentlich wider, diesen Interessenkonflikt, und ich habe auch oft mal gesagt, auch nach der Wende: „Ich würde mir manches wünschen, auch in Gewerkschaftszeiten, in der Gewerkschaftsarbeit, was wir zu DDR-Zeiten hatten, zumindest theoretisch, da denke ich nur an das Arbeitsgesetzbuch“, so dass wir das nicht umsetzen konnten ... aber viel was drin war, würde heute uns gut helfen – theoretisch – an mancher Ecke, anders geschrieben, andere Inhalte, wenn wir so was zusammenhätten, als ein Werk und man muss sich das nicht in Gesetzen erarbeiten, wenn es um prinzipielle Dinge geht oder Konfliktfälle, die es zu bearbeiten gilt. Ja, die Möglichkeiten gab es, aber letztlich war es die Frage der Umsetzung, und da ist auch im Betrieb natürlich vieles gescheitert, wenn letztlich die Partei oder im Hintergrund der Betriebsleiter das Sagen hat. Da waren die Hände dann vielerorts gebunden, da hatte man doch vielerorts nur das Alibizeichen, was Gewerkschaftsarbeit ausmacht, wobei ich sagen muss, dass wir zu meiner Zeit aber auch viel versucht haben, im Interesse der Beschäftigten, der Werktätigen zur damaligen Zeit, zu lösen oder zu begünstigen. Was mir noch zur politischen Szene einfällt: Ich habe spät, 1993, mal den Antrag gestellt, auf Einsicht in die Stasi-Unterlagen und habe dann, ich glaube ´94, hatte ich dann Einblick – ich hatte eigentlich nicht gedacht, dass es über mich Informationen/ Aktenvermerke gibt, aber die gab es. Das hat aber damit auch zu tun, dass meine damalige Frau bei der Bezirksleitung der Partei, hier in Karl-Marx-Stadt, im Finanzsektor beschäftigt war, ich durch den Leistungssport zu DDR-Zeiten schon in Österreich, in der Schweiz war und man natürlich überlegt, ob das alles mit rechten Dingen zugegangen ist. So, und ich habe dann, nach der Akteneinsicht, gesehen, das ich einen, nur einen hatte. Der war im Betrieb angesiedelt, ein IM, der mich in der Beobachtung hatte. Er hatte noch für DDR-Verhältnisse eigentlich diesen unzumutbaren Namen: Ardenne. Jeder weiß eigentlich zu DDR-Zeiten oder überhaupt in der Wissenschaft, wer Manfred von Ardenne ist. Er war auf mich angesetzt und hatte Berichte geschrieben, dass ich politisch nicht zuverlässig bin und wie auch immer. Das hat mir ... Ich sage, ich habe da ... Meine Frau hat gelacht drüber aber es hat mir wehgetan. Ich will auch sagen, warum: Aufgrund meiner Erziehung, da hat man immer versucht eigentlich mit legalen und rechten Mitteln was zu tun, um den Staat nach vorn zu bringen und nach dieser Offenbarung habe ich eigentlich gedacht: „Wenn jeder bespitzelt wird, in diesem System, also das ist so schlimm, da kann der Staat eigentlich nicht existieren, wenn er nur mit sich selber sich beschäftigt und selbst die, die eigentlich dafür eintreten, für ein Vorwärtskommen des Systems, denn auch noch in Misskredit stellt.“
Also die Auflösung war ein Bestandteil, ein notwendiger Bestandteil, um integriert zu werden, gleichzeitig, in der IG Chemie-Papier-Keramik. Das war organisatorisch so verabredet. Was die Frage der außerordentlichen Zentraldelegiertenkonferenz angeht: Wenn die nochmal vor meinen Augen Revue passiert, also (...) so was habe ich nie wieder erlebt. Das war Revolution pur. Das heißt, nicht Revolution pur in der Form, sondern natürlich waren viele Delegationen da, es war Kampfabstimmung pur, und es wurden dort ... jeder meldete sich zu Wort. Also es war sagenhaft, was dort abging. Ich kenne ja auch Gewerkschaftstage in den alten Bundesländern von bisherigen Gewerkschaften alt, also zum Beispiel IG Chemie-Papier-Keramik, es wird auch in der Metall und anderen nicht anders sein, wo es Kollegen gibt, die delegiert sind, die sich mindestens einmal zu Wort melden, um dann in den Archiven, sich wiederzufinden, dass sie gesprochen haben, so. Also solche Diskussionen gibt es ja auch, die wiederholen, was gesagt wurde, aber ich bin jetzt drauf. Aber zu dieser Zentraldelegiertenkonferenz haben sich ja viele Alt-Kader, sage ich an der Stelle, der IG Chemie, Glas, Keramik wieder beworben, nicht nur Heinz Junge und Hartmut Löschner, auch andere und natürlich strebte die Basis vielfach auf Wachablösung und versuchte natürlich das Ruder mit zu ergreifen, was sicher richtig und gut war, aber nicht in jedem Falle. Wenn ich sage, nicht in jedem Falle: Es geht ja darum, dass ich auch ein Stück Substanz habe, in den Personalien drin, die mir auch gewährleisten, eine fach- und sachgerechte Arbeit hinterher. Wenn ich mich da an eine Bewerbung erinnere und zwar war das für den Schatzmeister – ich hoffe, das habe ich noch so richtig formuliert, hieß das Schatzmeister oder ... zur damaligen Zeit – da bewarb sich eine FDGB-Kreisvorsitzende für dieses Amt, und in ihrer Bewerbungsrede sollte sie schildern, warum sie gerade für dieses Finanzamt geeignet ist und als Begründung hat sie, ich führe das mal zusammen, gesagt, sie führt zu Hause die Haushaltskasse, und sie wollen jetzt anfangen zu bauen und will da gucken, wie das geht, wie die Finanzen zu verwalten sind. Das war ihre Begründung Schatzmeister zu werden, hat also fach- und sachgerecht mit Finanzen überhaupt nichts bisher zu tun gehabt. Und das ist aber bei jeder Revolution so, das natürlich dort mitunter diese fach- und sachgerechte Arbeit manchmal auf der Strecke bleibt, weil viele dann denjenigen die Stimme geben, die vielleicht am lautesten schreien, die vielleicht am sympathischsten vielleicht aussehen, ohne erst mal zu hinterfragen, ob die auch fachlich geeignet sind und das war zu dieser Zentraldelegiertenkonferenz, war das ganz gefährlich, was dort abgelaufen ist. Wir haben ja früh um vier noch abgestimmt, über Anträge, wenn ich mich recht entsinne, früh um vier, halb fünf, das war was – übrigens in Bernau bei Berlin hat die ja stattgefunden, wenn ich das noch richtig im Kopf habe. Ja, das war spannend, das war ... Ja, aber letztlich ist alles gut gegangen. Es war ja alles auch, denke ich, mit der IG Chemie-Papier-Keramik, mit dem Hauptvorstand und Hermann, so von der Schrittfolge her, mal abgestimmt, wie es laufen könnte, von der Sach- und Fachform, und da ist das ... Ich glaube es wäre den Westmitgliedern an der Stelle auch zur Begründung, warum Auflösung Glas, Keramik, schwer zu vermitteln gewesen, eine Fusion mit der Ostgewerkschaft, also wo die Gewerkschaften alle, nicht nur der FDGB, also auch die Einzelgewerkschaften in Misskredit sind, das war sicher ein schwieriger Punkt, und ich glaube auch im Osten, die Mitglieder hätten das vielleicht nicht alle verstanden, wenn das zu so einer Fusion so gekommen wäre, deshalb diese Auflösung mal der Glas, Keramik. Wobei politisch füge ich auch ein, ich hätte zu der politischen Einheit, hätte ich mir auch lieber, wenn man die Zeit gehabt hätte, wenn denn, den Artikel 146 herangezogen, das sage ich klar und deutlich, aber der Druck der Straße war so, dass die Zeit, glaube ich, nicht da war dem Rechnung zu tragen und auch Helmut Kohl, der immer formuliert hat, das kommt aus der Portokasse, die Einheit Deutschlands – ich bin nicht sein Freund und nicht sein Parteivertreter, so – aber Fakt ist, ich glaube, der Druck der Straße war so groß, dass damals Oskar Lafontaine nie die Chance hätte, diese Einheit auf diesem Wege so zu gestalten, wie er das wollte, sondern da hat, ich glaube, Helmut Kohl dort schon den Weg beschritten, den die Straße ihm vorgegeben hat.
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Günter Petzsch wurde am 4. November 1945 in Freital in Sachsen geboren. Nach dem Abitur 1964 studierte er Chemie an der Karl-Marx-Universität in Leipzig und der Bergakademie in Freiberg.

Von 1971 bis 1973 arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher Assistent, von 1973 bis 1980 als Leiter in der Forschungsabteilung im VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt, wo er dann hauptamtlicher BGL-Vorsitzender wurde. Dieselbe Position übernahm Petzsch von 1986 bis 1989 im VEB Minol in Karl-Marx-Stadt.

Von 1990 bis 1997 hatte Petzsch verschiedene Funktionen in der IG Chemie, Glas und Keramik, der IG Chemie-Papier-Keramik und der IG Bergbau, Chemie, Energie in Chemnitz, Jena und Gera inne. Zuletzt arbeitete er von 2005 bis 2007 als Gewerkschaftssekretär im Landesbezirk Hessen/Thüringen der IG Bergbau, Chemie, Energie.

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