Hermann Lutz

Gewerkschaft der Polizei
Gewerkschaft der Polizei
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Nationalsozialismusi
Video 2 – 5:21
Arbeitswelti
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Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)i
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)i
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)i
Audio 4 1:41
Arbeiter_ini
Betriebsrati
Akkordarbeiti
Solidaritäti
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Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)i
Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU)i
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Ehrenamti
Ja, hab ich meine Klamotten zusammengepackt mit 19 Jahren und hab also dann das Elternhaus verlassen und bin dann in die Polizeiausbildung. Und das ist … Am Anfang hab ich erst mal gemeint, ich bin vollkommen falsch da, als ich dann gesehen hab, was ich da an Ausbildung mache. Ich hatte also eine Vorstellung so ungefähr, na ja, da lernst du irgendwo, oder dir wird vermittelt, was erlaubt, nicht erlaubt ist. Da wirst du sicher schießen lernen, bestimmte Techniken für Berufsausübung im weiteren Sinne und so weiter, hm, ja, aber als ich dann dahin kam, da war erst mal eine Art Grundausbildung. Da dachte ich, ich bin beim Militär. Und das war eine quasi halbwegs militärische Ausbildung. Wir hatten natürlich auch 'n Hörsaal, wo Dinge vermittelt wurden, aber wir haben Leute auch gehabt in unserem Umfeld, die 'n Stil hatten, der mir vollkommen fremd war. Das Auftreten der Leute war militärisch. Wir hatten auch Uniformteile, die noch aus dem Krieg stammten, die nur umgefärbt waren, das waren ehemals, wo man Stiefel getragen hat, gibt’s bestimmte Stiefelhosen, dann gibt’s andere Kleidung oder Mäntel, das waren Wehrmachtsmäntel, die nur eingefärbt waren. Die gab’s noch und die waren irgendwo, was weiß ich, in zigtausenden von Stücken waren die irgendwo gelagert für Großdeutsche Reich noch oder das Tausendjährige, war ja Gott sei Dank kürzer, war das alles vorhanden, oder sogar Gamaschen, das kennen viele gar nicht mehr. Da hat man 'n Paar Schuhe, die fest sind, und dann hat man eben den sogenannten Ersatzstiefel, aber das war kein Leder, das war alles so Art Pappmaché, weil man wahrscheinlich kein Geld für Leder mehr hatte in der Kriegszeit, und da wurde das mit Schnallen einfach festgemacht und dann haben wir diese Teile bekommen und wir sahen aus wie die Leute eben, die überwiegend militärisch eingesetzt werden. Und in der Nähe von Koblenz gab’s 'n großen Truppenübungsplatz, oben die Schmidtenhöhe, wo auch, da gab’s noch keine Bundeswehr, wo aber Alliierte, die Franzosen hier in Rheinland-Pfalz zu Hause, nicht die ... die Amerikaner, dort oben auch militärische Ausbildung gemacht haben und dann sind wir als Polizisten in der Ausbildung auch auf diesen Truppenübungsplatz. Und da hab ich also vermittelt bekommen Tiefflieger von rechts und links, obwohl es gar keine gab, und dann musste man sich in den Straßengraben werfen, damit man eben überlebt, oder dass jemand gesagt hat, so, wir singen ein Lied. Das Liedgut war eben „Schöner Westerwald“ und ähnliche Marschlieder, die wahrscheinlich genauso gut zwischen 33 und 45 eben gesungen wurden, vielleicht auch früher schon, keine Ahnung. Ich hab mich mit dieser Art von Musik nicht besonders auseinandergesetzt. Auf jeden Fall, wir haben dort quasi eine halbwegs militärische Ausbildung gehabt. Und wenn was nicht funktioniert hat und da konnte genauso gut sein, dass man gesagt hat, okay, im Laufschritt und dann sind wir gelaufen und dann hat jemand gesagt, ein Lied, nachdem man mit Schutzmaske, oder Gasmaske haben einige da noch gesagt, gelaufen ist, obwohl die offiziell schon Schutzmaske hieß, hat der gemeint, wir könnten jetzt auf einmal besser singen. Und dann hat er wieder gesagt, im Schritt, alles militärische Kommandos, und dann sind wir wieder im Schritt gegangen, ein Lied und dann hat’s wieder net geklappt und dann sind man mal ins Gelände geschickt worden, hinlegen, auf, Marsch, Marsch, aufm Koppelschloss kehrt. Das kann man sich überhaupt nicht mehr vorstellen, wenn man so an die heutige Zeit denkt. Das war Bundesrepublik Deutschland, nicht 1945, nicht 47, sondern ich bin 57 zur Polizei, waren ja schon einige Jahre Bundesrepublik durch und dann gab’s aber noch 'ne ganze Menge an Leuten, die eben dieses Geistesgut der Zeit von 33 bis 45 nach wie vor in den Köpfen hatte ...
Also, die Zeit von 73 bis 5, 76 war die Zeit, wo ich dann die Möglichkeit hatte, einfach Dinge, die ich bisher in meinem Berufsleben an Erfahrung gesammelt hatte, sowohl in der Koordination von Einsätzen als auch in der Frage, wer ist für unseren Beruf überhaupt geeignet, einfach einzubringen und da hab ich also sehr viele Dinge eben auch wieder für mich selbst aufgenommen. Und da geschah in dieser Zeit eins, ich war irgendwann zu Hause, bekam einen Anruf, können wir mal bei dir vorbeikommen. Gewerkschaft der Polizei. Und Gewerkschaft der Polizei hatte ich insofern nur folgendes zu tun: Wenn irgendwo Veranstaltungen waren, es war ein Fachgremium zu bilden, dann wurde ich mit hineingenommen, ob Schutzpolizei, sonstige Fachfragen, Einsatzfragen und dann habe ich dort gearbeitet, war im Regelfalle immer der Sprecher, eigentlich immer und habe das dann auf einem Delegiertentag vorgetragen, das Ergebnis, was dann für die Beratung der Gewerkschaft und der Delegierten von Bedeutung war. Ich war also, wenn man so will, eigentlich nur immer Gast. Und dann kamen welche und haben gesagt, wir müssen uns mehr spezialisieren. Wir brauchen noch mehr Fachkompetenz. Wir wollen speziell Schutz- und Kriminalpolizei möchten wir besser organisieren, an uns binden, damit wir mehr Mitglieder bekommen, also fachspezifische Angebote machen innerhalb des Berufes. Und da wurden zwei Leute gefragt, einer davon für Schutzpolizei war ich und einer, der Jackie Wagner, der kam aus Ludwigshafen, der war aber damals in Mainz, der wurde gefragt für die Kriminalpolizei. Wir kannten uns sehr gut und wir haben das dann gemacht. Und dann war ich ein Jahr lang, von 1975 bis 76 war ich kooptiert, das heißt, ich war an jeder Vorstandssitzung, auch im geschäftsführenden engen Führungskreis immer mit dabei, um Dinge, die gewünscht waren, aufzunehmen, um sie dann im Fachkreis, den ich selbstständig führen und einladen konnte, dort zu diskutieren, zu einem Ergebnis zu bringen und das hab ich wieder eingebracht. Und das war für mich damals 'n Landesvorstand, der, ja, ich sag mal, eigentlich langweilig war. Die Leute waren irgendwie etwas gesättigt, neue Ideen dort zu vermitteln, das war etwas schwierig. Es waren auch alles Leute, die wesentlich älter waren als ich, ich schätze im Durchschnitt 20, 25 Jahre älter, also quasi, wenn man sieht, fast 'ne Generation älter, die dort gearbeitet haben, außer dem einen, der für die Kriminalpolizei mit mir gemeinsam dort gearbeitet hat, waren fast alle etwas älter, also deutlich älter und da hat mir eigentlich so 'n bisschen der Pepp gefehlt. Und ich hab dann ab und zu Anmerkungen gemacht dazu. Ich hab mir also nie irgendwo den Mund selbst verboten. Ich hab Kritik geübt, ich hoffe immer konstruktiv, weiß ich nicht, aber ich hoffe und auf jeden Fall, das hat … ist so weit gediehen in diesem einen Jahr, wo ich dort gearbeitet habe, dass vor einem Delegiertentag, es war maximal ein Monat vorher, bekam ich wieder 'n Anruf, meine Frau war noch mit dabei, können wir mal mit dir reden. Da hab ich gesagt, ja. Wir möchten, dass du Landesvorsitzender wirst. Ich hab gesagt, hört mal her, ich hab noch nicht mal 'ne Kreisgruppe geführt, ich weiß überhaupt net, ob ich eurem Anspruch gerecht werden kann. Nein, haben die gesagt, wir haben mal uns im Land umgehört und fast alle Leute kennen dich, weil du ja fast anderthalb Jahrzehnte nur Ausbildung gemacht hast [...] und die sind an uns herangetreten und möchten, dass du Landesvorsitzender wirst. Ich hab meine Bedenken eingebracht und hab gesagt, ich hab keine Erfahrungen, was ... was muss ich denn da einbringen und wie soll das denn gehen. Ich üb meinen Beruf aus, bin im höheren Dienst, passt das denn überhaupt? Denn fast alle Polizisten sind im mittleren Dienst, muss man sehen, 85 % aller waren im mittleren Dienst. Dann gibt’s den gehobenen Dienst, 1 % höherer Dienst. Da hab ich gesagt, ausgerechnet ich aus dem 1 % Führungsstruktur soll der Wunschkandidat für die normale Arbeitsebene der Polizei sein, hab ich gesagt, habt ihr euch das wirklich überlegt? Ja, wir haben gefragt an unterschiedlichen Stellen in Polizeidienststellen und die haben mehrheitlich, das ist unser Eindruck, gesagt, die möchten, dass du es machst. Ja, hab ich gesagt, dann kommt mal her.
Es gab noch nie einen Christdemokraten, der Vorsitzender einer Einzelgewerkschaft im DGB wurde, auch bis heute nachfolgend nicht mehr geworden ist. Das gibt es nicht. Also ich bin wirklich hier ein Unikat und habe dort viele Erfahrungen gesammelt und muss ehrlich zugeben, keine schlechten. Ich habe also wirklich sehr viel oder fast nur positive Erfahrungen gesammelt, sowohl in den politischen Parteien, wobei dann die ... viele positive Überraschungen bei der Sozialdemokratie waren, muss ich sagen, viele überraschend nachher bei den Grünen, die am Anfang ja mit Polizei, muss ich ehrlich sagen, ein Feindbild hatten aus ihrer Historie, das galt auch eingeschränkt für die Sozialdemokratie. Wenn man die Entwicklung der Sozialdemokratie historisch sieht und die Konflikte, die sie hatte mit dem Staat vorvergangenes Jahrhundert und vieles mehr, selbst sogar bis in die Zeit des vergangenen Jahrhunderts gab es viele Konflikte mit dem Staat, weil eben Sozialdemokratie aus der Sicht der Herrschenden nicht unbedingt das liebste Kind war, ga... und gab’s viele Konflikte und die Polizei war oft nur Stellvertreter eben für Staat und Gesellschaft und damit für Politik und manchmal auch für Fehlentscheidungen in der Politik und da gab es also sehr viele Probleme, aber das ist heute überhaupt kein Thema mehr. Das ist heute längst ausgewachsen, aber es gab noch welche, die Erfahrungen hatten, die man dann auch unter vier Augen, manchmal auch sehr offen gemerkt hat, aber das spielt heute keine Rolle mehr. Das ist heute vorbei, wenn ich an viele Begegnungen denke mit führenden Sozialdemokraten, wie lieb und nett wir uns zusammengefunden haben, wie wir zusammen gelebt haben und wenn ich überlege, dass ich als Christdemokrat im Gewerkschaftsrat der SPD als CDU-Mitglied vertreten war in meiner Amtszeit, dann ist das ein Stück Größe und nicht eben nur Tunneldenken, wenn man sagt, wir haben von 17 Gewerkschaften einen, der ist eigentlich kein Sozialdemokrat, und man hat eben dann diese Offenheit und wie man dann dort auch mit mir umgegangen ist, muss ich sagen, gibt es viele schöne Begegnungen, die ich habe. Oder auch in dem Bereich der Gewerkschaften, die so weit gingen, dass sie gesagt haben, dich möchten wir in der und der Funktion eigentlich haben, ohne dass wir dabei sagen, du bist nur 'n Alibi, wie man ja oft mal vorgeworfen hat, dass man bestimmte Strukturen einfach miteinbeziehen muss, um eine Alibifunktion vielleicht gesellschaftlich irgendwo zu haben, dass der oder die auch dazugehören, aber den Eindruck hab ich nie gehabt und kann es niemand vorwerfen. Ich hab also mein, wenn ich’s jetzt mal auf die gewerkschaftliche Tätigkeit und gesellschaftliche Tätigkeit beziehe, muss ich sagen, habe ich ausschließlich positive Erlebnisse und denke heute mit viel Freude an die Zeit, wo ich diese Tätigkeit wahrgenommen hab und dass sie mir ermöglicht wurde.
Ich hab also von nem Betriebsrat, ich weiß nur, da war einer, der war der Ansprechpartner von Bau Steine Erden und der ist dann gekommen, weil mir das auch, das war, hat nicht viel gekostet, weil ich hab ja nicht so viel verdient und ich weiß nicht, ob es da nen Sondertarif gab für Jugendliche oder was auch immer, auf jeden Fall, der ist irgendwann gekommen, war auch ein netter, sympathischer Mann und es war weniger so die Überzeugung jetzt, aber es war einfach nen lieber, netter Mann, der hat gesacht, gucke mal her, es gibt viele Dinge die wir regeln müssen als Arbeitnehmer, und es ist immer gut, dass wir zusammenstehen und dafür brauchen wir auch Geld. Er hat mir einfach so mit einfachen Worten erklärt, was eben der Gedanke der Solidarität ist, und aus der Überlegung raus bin ich dann Gewerkschaftsmitglied geworden Bau Steine Erden. Und auch noch was eine Erfahrung war, die Arbeiter haben natürlich mitbekommen, weil wir hatten da keine Geheimnisse, wenn wir unsern Lohnstreifen gekriegt haben, ham wa drüber geguckt, drauf geguckt was jeder verdient hat, und da ham die mir auch bei Pausen gesagt, Jung schaff´ein bisschen langsamer, wenn du hier stets bleibst, du machst uns den Akkord kaputt, das geht nicht und wir müssen hier nen ganzes Leben arbeiten, wer weiß, weil ich hab ja erzählt, was ich will, wer weiß, wie lange du hier bist bei uns, da musst de einfach mal gucken, wir müssen unser ganzes Leben hier zubringen, und da sind mir Dinge bewusst geworden so als Neunzehnjähriger, Moment Akkord und ich mach nen Akkord irgendwo kaputt und das waren Dinge, die mir völlig neu waren. Das war ne Erfahrung, die ich gesammelt hatte, ohne dass ich eigentlich nen Beruf hatte.
Der Glaube war bei uns in der Familie und zwar beide waren evangelisch, ich bin dann natürlich auch evangelisch geboren und groß gezogen worden, hat ne geringe Rolle gespielt. Mein Vater hat also an vielen Sonntagen den Weg in die Natur gemacht und ich war eben sein Bezugsmensch, mit all diesen Dingen, die Schwester weniger und er hat mich mitgenommen. Ich bin auch gerne mitgegangen und er hat mir die Schöpfung erklärt, indem er gesagt hat und er hat immer dabei gehabt ein Fernglas, ein Vergrößerungsglas, er kannte die Natur, die Tierwelt, die Bäume, alles konnte, kannte er. Der konnte mir ne Buche, ne Hainbuche oder eine Bluteiche und eine normale Eiche und alle diese Dinge konnte er unterscheiden. Der hat mir alles vermittelt, was für mich nachher in meinem späteren Leben auch wirklich nen großer Gewinn war. Jeder Vogel, im Flug, ein Bachstelzchen, oder nen Rotschwänzchen oder nen kleiner Zaunkönich, hat er gesagt, schau dir den Winzling an, der hätte keine Chance in der Natur, wenn er nicht mitbekommen hätte, dass er eben ein Nest macht, was in Form einer Kugel ist, was unbedeutend aussieht wie irgend so ein kleiner Ball da irgendwas nicht zuzuordnendes und da ist er drin, da ist er gesichert, denn sonst würde der nie seine Brut durchkriegen und all diese Dinge hat er mir vermittelt, und er hat gesagt, dies ist eigentlich die wahre Schöpfung. Schau mal, hier ist eine Feder, mit Vergrößerungsglas, das glaubt man gar nicht, vom Eichelhäher, die Farben. Oder auch wie die einzelnen, wie die Feder zusammenhängt, wie die im Prinzip gefettet ist, es kann Wasser reinkommen. Oder ein Grassamen in der Vergrößerung eins zu dreißich, den sich anzuschauen wie der aussieht, oder Farben, die man so nur ganz schwach sieht, unter einem Vergrößerungsglas die Nuancen, der Übergang von schillernden Strukturen im Farbenbereich, all das hat er mir vermittelt, hat er g´sagt, das ist die wahre Schöpfung, das kann kein Mensch. Das kann auch nicht der, der in der Kirche steht, sagt er, hier ist die wahre Schöpfung. Also er war ein sehr naturbezogener Mensch, der geglaubt hat an etwas Höheres, auch an das Einmalige, dass wir und die Natur ist, aber er hat gesagt, der in der Kirche, da steht ein Mensch, der vermittelt dir das und sagte er, ich hab Menschen kennen gelernt, die haben auch falsche Dinge erklärt, also sachte er, ich hab da Zweifel, dass ein Mensch dazu in der Lage ist. Ich verlasse mich auf das, was die Natur mir an Chance bietet, die Schöpfung zu erfahren und in der Form bin ich groß geworden und hab also dann mich auch sehr oft in der Natur aufgehalten, auch aufhalten dürfen. Meine Frau sagt heute noch zu mir, du bist überhaupt nicht erzogen worden, du hast dich selbst erzogen.
Es ist ja eine Voraussetzung, wenn ich meinen Beruf ausüben will, dass ich auch Zugang zu einem Menschen finde, dass ich sprachlich in der Lage bin, nicht nur hochintellektuell und juristisch zu reden, denn wenn ich das mit dem einfachen Mann tue oder ner einfachen Frau, die versteht mich ja gar nicht, ich kann die ja nit mit´m Gesetzestext herkommen, sondern ich muss sprachlich auf ihrer Ebene, Kommunikation oder Dialog betreiben. So, und all diese Voraussetzungen, die zu finden hat mir sehr geholfen, indem ich eben in Milieustrukturen war, wo auch einfache Leute war´n und bin nicht in einem Stadtviertel groß geworden, wo´s nur die gibt, sondern wir ham ne tolle Mischung, wo´s Villen gab, wo´s Geschäftsleute, ganz arme Leute gab und die, wo keiner was mit zu tun haben wollte, die in der Gartenkolonie gelebt haben, in Gartenhäusern, die eben in den städtischen Wohnungen gelebt haben, wo´s sinnvoll war, kein Holzgeländer und keine Holztreppen zu haben, weil nach dem Winter hätt´s keine Treppe und wahrscheinlich keine Holztreppe mehr gegeben, sondern irgendwo ne Strickleiter noch um hoch zu kommen, also es waren schon Strukturen, die für nen Normalbürger gewöhnungsbedürftig waren, und all das zu erfahren, das war für mich ein unwahrscheinlicher Gewinn als junger Mensch, eben mit solchen Menschen Kontakt zu haben. Die ham mich unwahrscheinlich geprägt und ich hab da eben Schlechte auf allen Ebenen kennen gelernt und jemand der Sozialdemokrat ist oder Christdemokrat muss nicht immer das vertreten, was man glaubt, was er vertreten muss. Und das hab ich später, wenn ich denke auch an die Gewerkschaftsbewegung, hab ich das ebenfalls kennen gelernt. Querbeet und nicht jeder, der in der Arbeitnehmervertretung war, hat sich arbeitnehmerbezogen verhalten, da gab´s auch Leute, die ham sich kapitalistisch verhalten und haben eben diese Dinge gemacht. Wenn ich denke die Aufarbeitung Neue Heimat, da war ich ja mit beteiligt an der Aufarbeitung mit Hans Matthöfer, wo wir dann viele Dinge überlegt haben, wie können wir das eine oder andere noch retten, ja wenn man diese Einblicke gewonnen hat, dann hat man auch fragen müssen, was hatte der, der dort Verantwortung hatte, überhaupt für´n Gedanken als Gewerkschafter? Keinen. Das war für mich nen Kapitalist, so und deswegen hab ich´s in meinem Leben aufgegeben, einfach zu etikettieren. FDP oder SPD oder CDU ist gut oder schlecht. Ist für mich alles Unsinn, es geht mir um die Inhalte. Es gibt gewisse Strukturen, die inhaltbezogen zu bestimmten Parteien näher oder enger sind, oder mehr vertreten werden und das ist für mich die Orientierung, finde ich, in der Vielfalt der Dinge, die gesellschaftlich zu entscheiden sind, die mein Leben angehen, meine Lebensgestaltung berühren, wo gibt’s die größte Schnittmenge, die meinem Verständnis entspricht? Und da ist meine Heimat und so hab ich mich dann später auch entschieden eben nicht Mitglied der SPD oder der FDP zu werden, sondern Mitglied der CDU zu werden.
Ich habe mein Amt als Ehrenamt ausgeführt, das heißt, das hat dazu geführt, dass ich sehr viel Stunden durch Sondermaßnahmen wie Sondereinsätze, Wochenendeinsätze, nachts immer wieder gemacht habe. Ich hab verschiedene Aufgaben übernommen wie Kontrolle von Dienststellen, die zu unregelmäßigen Zeiten, nachts, an Wochenenden und irgendwo durchzuführen waren, gab es damals Vorschriften, wo gesagt wurde, jede Dienststelle ist unregelmäßig, aber mindesten einmal im Jahr im ganzen Land Rheinland-Pfalz zu überprüfen und ähnliches, ob die Leute nicht schlafen, ob se nüchtern oder was weiß ich sonst was machen, all diese Dinge wurden gemacht. Oder auch Kontrolle von Vorschriften, ob die eingehalten werden, das heißt, die Polizei hat sich schon selbst kontrolliert, um eben auch ein gewisses Maß an Leistungsfähigkeit zu haben. Dass in der Bürger Akzeptanz gibt, wenn die Polizisten die Liegen mit in die Dienststellen nehmen, schlafen nachts und kriegen dafür noch Nachtzuschläge bezahlt, das war nit ganz einzusehen, also auch solche Dinge hat es gegeben und aus diesem Grunde gab es bestimmte Formen, die eben dann ganz einfach als Grundlage für die Ausübung galten und dann gab´s natürlich viele Einsätze. Wir hatten die Achtensechzicher grad hinter uns und wir hatten noch keine ruhige Zeit. Wir ham den Terrorismus, wir hatten also viele Dinge, wo Arbeit war. Es gab Sondereinheiten, die aufgebaut wurden, wie Präzisionsschützenkommandos, dann mobile Einsatzkommandos wie MEK´s und alles mögliche und ich hab überall, wo irgendwo was zu tun war, hab ich mich bereit erklärt und habe diese Stunden gut geschrieben bekommen, habe dann die Möglichkeit gehabt, meine Gewerkschaftsarbeit zu machen. Auch indem ich nach der Dienststelle, nachdem ich fertig war im Büro auf die Gewerkschafts-, in Gewerkschaftsbüro gefahren bin und hab mit dem Sekretär hab ich dort gearbeitet, oder der kam mit dem Körbchen Post am Samstag zu mir in die Wohnung, der hat da die Post gehabt, die noch nicht aufgearbeitet war, und da ham wir samstags, meine Frau hat Kaffee gemacht, und dann ham wir da drei, vier Stunden sind wir die Vorgänge durchgegangen und er hat die dann wieder produziert und ich bin abends vorbeigefahren nach ´em Dienst, hab die Unterschriften gemacht und alles was zu tun war und die Veranstaltungen waren ja überwiegend außerhalb der Dienstzeit, nämlich abends und dann bin ich im Lande rum gefahren. Also ich hatte in dieser Zeit neben meinem Polizeidienst, der immerhin noch nen paar nen vierzich Stunden war damals, im Durchschnitt mit Sicherheit nochmal zwanzich, fünfundzwanzich Stunden Gewerkschaftsarbeit, ich war also mit Sicherheit immer in ner sechzich, siebzich Stunden Woche, was ich so gemacht habe.
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Hermann Lutz wurde am 3. April 1938 in Erfurt geboren und wuchs in Hessen auf. 1957 trat der damalige Leistungssportler der Polizei bei. Auf den Dienst in der Bereitschaftspolizei folgte ab 1963 der Einzeldienst in Koblenz. Der Besuch der Abendschule mit  Abiturabschluss ermöglichte ihm 1966 die Ausbildung zum Kommissar; zudem erwarb Lutz 1972 das Verwaltungsdiplom. 1974 wurde er Polizeirat und lehrte später als Dozent an der rheinland-pfälzischen Fachhochschule für Verwaltung im Fachbereich „Polizei“ Politikwissenschaft.

Gewerkschaftlich engagierte sich Lutz bereits seit 1958. Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) arbeitete er erst auf Kreis-, dann ab 1974 auf Landesebene, zunächst als Vorsitzender des Fachausschusses „Schutzpolizei“, dann als Landesbezirksvorsitzender von Rheinland-Pfalz. 1981 wurde er Stellvertreter des GdP-Bundesvorsitzenden Günter Schröder, 1986 wurde Lutz dann zu Schröders Nachfolger gewählt. Lutz, der bis 1998 Vorsitzender der GdP blieb, war damit der erste Bundesvorsitzende einer Einzelgewerkschaft mit CDU-Parteibuch, was in einigen gewerkschaftlichen Kreisen misstrauisch beäugt wurde.

Während seiner Amtszeit als GdP-Bundesvorsitzender waren ihm die Sicherheit und die Arbeitsbedingungen der Polizistinnen und Polizisten ein großes Anliegen. So kritisierte er die hohe Belastung der Beamtinnen und Beamten, forderte eine Personalaufstockung sowie eine bessere technische Ausstattung für den Polizeidienst. Neben der Tätigkeit als Bundesvorsitzender übernahm Lutz zudem von 1989 bis 2003 das Amt des Präsidenten der Internationalen Union der Polizeigewerkschaften.

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