Horst-Udo Ahlers

Gewerkschaft der Polizei
Gewerkschaft der Polizei
Video 1 – 4:21
Duales Ausbildungssystemi
Video 3 – 2:00
Arbeitgeberi
Ich bin am 22.07.39 in Oldenburg geboren. Mein Vater war Mechaniker, meine Mutter war Kauffrau und wenige Wochen nach meiner Geburt ist mein Vater eingezogen worden zur Wehrmacht und is' dann über Polen nach Russland versetzt worden, kam 1943 von Russland nach Norwegen und kam 1946 aus der Kriegsgefangenschaft. In der Zwischenzeit, in den Jahren hat man sich nicht gesehen, nicht gekannt. Das war an und für sich von Beginn des Lebens an traurig, weil man mit seinem Vater nich gemeinsam wachsen und großwerden konnte. Die Entscheidungen damals in der Familie oblagen erst mal der Mutter und das Familienoberhaupt, das anerkannte, war der Opa. Und es war Tradition, dass man sich zu bestimmten Tagen, meist am Sonntag, zusammensetzte und ein besonderes Erlebnis war für mich immer, dass mein Opa am Sonntagvormittag mit mir zwei Stunden Trollibus fuhr in Oldenburg. Da gab’s denn die bestimmten Linien, die noch fuhren und Opa und ich fuhren dann von zehn bis zwölf mit dem Trollibus und um zwölf ging es heim. Oma hatte mit den Töchtern Essen gekocht und dann saß man gemütlich beisammen. Mein Vater hatte acht Geschwister. Meine Mutter hatte drei Geschwister und durch den Krieg hab ich keine Geschwister, denn als mein Vater wieder nach Hause kam, denke ich mir oder kann mir vorstellen, dass nicht die erste Idee war, 'n Kind zu zeugen, sondern da ging es ganz einfach darum, erst mal 'ne Existenz wieder aufzubauen. Das wurde uns im Prinzip dadurch erleichtert, dass wir nach einer gewissen Zeit in das Haus meines Opas, also mein Vaters Vater, und der war Schuhmachermeister und hatte eine kleine Werkstatt. In dieser Werkstatt reparierte er Schuh… Schuhe natürlich und vorwiegend aus dem Umfeld, Bauern und andere, und ich übernahm dann als Achtjähriger die Zustellung der Schuhe zu den Bauern. Manchmal ging das über acht Kilometer eine Tour, hin und her 16. Was mir damals schon auffiel unangenehm, ich habe zu der Zeit, obwohl reichlich Essen da war, sehr oft nur geizige Bauern kennengelernt. Aber ich glaube, aus meiner Zeit mit acht Jahren, neun Jahren das erlebt zu haben, es ist vielen gegangen, denn es gab früher eine sogenannte Umtauschwelle und ein guter Anzug, sagen wir mal, der natürlich 'n paar Jahre alt war, ergab 10 Eier und ein halbes Pfund Butter. Das war also das, was mich als Erstes beeindruckt hat, der Geiz anderer, wenn diejenigen, die etwas bedurften, Hunger hatten. Ich selber bin dann eingeschult worden und habe mit Mittlerer Reife meine Schule beendet und bin dann in eine kaufmännische Ausbildung gegangen. Wir unterhielten uns über kaufmännische Ausbildung zuhause und über die Zukunft in diesem Beruf und mein Vater sagte mir, das ist kein Beruf, wo du über Jahre 'ne Existenz aufbauen kannst. Da wirst du nie richtig Geld verdienen können. So. Und auch nicht abgesichert. Und dann kam er auf die Idee und erzählte mir, natürlich auch die ersten Freunde, nicht von mir, aber von ihm, wo die Söhne zur Polizei gegangen waren und dort sehr zufrieden waren mit ihrer Tätigkeit und sich von der Polizei und der weiteren Entwicklung auch etwas versprachen. Und da ich schon sehr früh im Sportverein gewesen bin, im Oldenburger Turnerbund und dort ein eifriger Turner war und auch schon sehr früh in der Kinderabteilung Vorturner war, erfüllte ich zumindest eine Vorstellung der Polizei, 'n guter Sportler zu sein.
... wenn man solch eine Frage beurteilt und sie bespricht, muss man ja zunächst einmal überlegen, da setzen sich welche hin und die andern sollen sie wegtragen. So! Und bevor man wegträgt, dauert das ja 'ne ganze Zeit. Dann gibt’s die Aufforderung, stehen Sie bitte auf, gehen Sie weg und so weiter und so fort. Ich hab mal die Frage in der Öffentlichkeit gestellt, ist die Würde des Menschen teilbar. Der Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Würde des Menschen. Is' es eigentlich, is' es eigentlich mit der Würde vereinbar, dass Polizisten Menschen wegtragen? Mit meiner Würde ist das ehrlich gesagt nicht vereinbar, denn ich bin genauso Staatsbürger wie der andere und wenn er 'ne Sitzblockade macht und ich bitte ihn aufzustehen, weil ... weil das nun mal so is' und er bleibt sitzen und ich muss ihn wegtragen, das is' eine ... is' eine Tätigkeit, da kann man lange drüber nachdenken. Das Ziel desjenigen ist ja völlig verständlich und auch nachvollziehbar. Der will nicht, dass etwas durchgeht. So, und deshalb setzt er sich da hin. Auch in Ordnung. Die andern ketten sich an. Aber damit wird ein anderer, der vielleicht genauso wie sie denkt, in eine Situation verbracht, wo er die Ketten losmachen muss, wo er schweißen muss, wo er sonst was tun muss. Und da hab ich mal die Frage gestellt, weil ich mich da mal in die Haut meiner ... meiner Mitstreiter versetzt habe, die da nun sind und stundenlang und tagelang bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen, Unterbringungsbedingungen, Versorgungsbedingungen und was es alles gibt, diese Arbeit zu verrichten haben. Der sitzt, will was nicht, unsere wollen das auch nicht. Es kommen andere und legen das politisch fest in diesem demokratischen Rechtsstaat und wenn du die Minderheit hast, kommst du da nicht gegen an. So, und da in der Situation habe ich mal diese Frage gestellt. Das ist nicht einfach. Gott sei Dank nehmen die, die das da machen, ich sag mal, als gegeben hin und ... und ... und ... und tragen die Leute weg. Wenn sie frech werden, fallen sie vielleicht mal aufn Popo, das weiß ich nicht. Aber ansonsten tragen sie die weg. Ich finde, es … das ist eine ... eine Form der Möglichkeit, sich zu widersetzen, ob sie immer vereinbar ist eben mit der Würde des andern, frage ich mich. Darum hab ich ja damals auch gesagt, hier geht keiner hin und trägt die Menschen von der Straße. Wir lassen die umdrehen, weg. Das kannst du aber nicht überall machen. Also mancher, der da sitzt, sollte sich wirklich mal Gedanken darüber machen, was empfindet der Polizist. Aber dazu bleibt wahrscheinlich keine Zeit. Das ist das mit den Sitzblockaden.
Ja, logisch. Mit jeder Forderung kommt der andere unter Druck. Ganz wie bei ... wie bei IG Metall. Wie bei ... bei IG Bau-Steine und Erden. Wir machen einen Beschluss, es gibt Delegiertentagsbeschlüsse, die Delegiertentagsbeschlüsse werden beschlossen, entweder als ... als Beschluss sofort oder als Arbeitsmaterial wie überall in den Gewerkschaften, Arbeitsmaterial ist 'ne Beschönigung des ganzen Systems, bleibt manchmal liegen über vier Jahre und werden noch mal nachgezogen, weil es noch nicht umsetzbar war und die Beschlüsse, die beschlossen worden sind, sind umzusetzen, zunächst einmal über ... über eigene Institutionen innerhalb der Gewerkschaft, die das noch ausschmücken, Material ansammeln und damit geht man zur Politik. Und dann sagt man zu den Gesprächspunkten eins bis vier, dass man folgendes fordert, ganz normal, wie einer zum Arbeitgeber. Ist ja Arbeitgeber. Das Land ist der Arbeitgeber der Polizei und dem Land sagen wir unsere Forderung und da müssen die mit umgehen. Und wenn nicht, dann gibt’s die Form, die wir schon besprochen haben, Demonstrationen und so weiter und wir haben uns auch schon einfallen lassen, das eine oder andere zu machen. Das machen wir dann auch, 'n bisschen vielleicht langsamer, nicht zum Einsatzort, aber das und jenes. Also wir sind da vielschichtig. Vielschichtig. Wie eine ganz normale Gewerkschaft, die zum Ziel kommen will. Und wir wären nicht zum Ziel gekommen, wie ich’s erzählt habe, in den Einzelfragen, wenn wir nicht auch eben Druck gemacht hätten. Und Demonstrationen und Veranstaltungen der GdP sind zumeist keine Vergnügungsveranstaltungen, sondern da wird deutlich gesprochen. Und da wird auch jedem Abgeordneten, der auf eine Versammlung, ob in Nordhorn oder in Emden oder in Braunschweig, kommt, wird dem deutlich gesagt, dass wir mit seinem Laden nicht einverstanden sind. So, und dann kann er nach Hause fahren. Dann kann er sagen, früher haben sie gesagt, der Ahlers hat schon wieder in Emden gemeckert und nächsten Tag in Wilhelmshaven und denn da oder da. Also sehr deutlich.
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Horst-Udo Ahlers wurde am 22. Juli 1939 in Oldenburg geboren. Nach der mittleren Reife und einer kaufmännischen Ausbildung trat er 1958 in den Polizeidienst des Landes Niedersachsen. Gekrönt wurde seine Karriere 1994 mit der Ernennung zum Präsidenten der Polizeidirektion Braunschweig, was er bis zu seiner Pensionierung 2004 blieb.

Ahlers‘ aktive Gewerkschaftsarbeit begann 1966. Über verschiedene Funktionen stieg er bis 1975 zum Stellvertretenden Landesvorsitzenden der  Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen auf, sechs Jahre später wurde er zum Landesvorsitzenden gewählt. Von 1976 bis 1994 war er zudem Mitglied des Bundesvorstands der GdP, wobei er ab 1986 das Amt des Stellvertretenden Bundesvorsitzenden inne hatte. Parallel zur Gewerkschaftsarbeit war Ahlers, der seit 1980 der SPD angehört, durchgehend in verschiedenen Funktionen als Personalrat tätig.

Ahlers‘ Zeit als Stellvertretender Landesvorsitzender Niedersachsen wurde unter anderem durch die Diskussion um den Beitritt der GdP in den Deutschen Gewerkschaftsbund geprägt, der 1978 vollzogen wurde. Ab Ende der 1980er Jahre arbeitete Ahlers an der Polizeireform in Niedersachsen mit, zu deren Kernstücken die Abschaffung der unteren Laufbahnebene gehörte. Als Mitglied des Bundesvorstands war er nach dem Fall der Mauer 1989 an den Vorbereitungen für eine bundesweit agierende GdP im vereinigten Deutschland beteiligt.

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