Karin Benz-Overhage

IG Metall
IG Metall
Video 1 – 4:48
Aufsichtsrati
Betriebsrati
Beschäftigungsgesellschafti
Vertrauenskörperi
Video 2 – 2:57
Betriebsrati
Rüstungskonversioni
Ökologiei
Vertrauenskörperi
Und damit bin ich auch in meinen ersten Großkonflikt geraten. 1986, also ein paar Tage nach der Wahl, wurde ich Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Krupp Stahl AG (Pause) und 1987 kam (Pause) der Beschluss des Vorstandes von Krupp, das Werk in Rheinhausen schließen zu wollen. Damit war ich voll Teil und handelnde Person in dem Konflikt. Ich glaube, das war 87 im November, als dann klar war, dass der Vorstand beabsichtigt, das Werk zu schließen, und da war ich praktisch ein halbes Jahr lang fast nur in Rheinhausen. (Pause) Es war 'ne ungeheuer schwierige Situation, weil (Pause) es war klar, dass die Schließung nicht verhindert werden kann. (Pause) Und wir haben dann irgendwann versucht, auch bei den betrieblichen wichtigen Meinungsmachern, den Betriebsräten, Vertrauenskörperleitung zu orientieren, dass wir verhandeln müssten zumindest Teilerhalt des Werkes und Ersatzarbeitsplätze, aber das war ungeheuer schwierig zu vermitteln. Wir haben damals erstmals dieses Konzept der Beschäftigungsgesellschaften als Übergangskonzept entwickelt. Wir haben versucht, Perspektiven zu entwickeln auch in Gesprächen mit dem Land Nordrhein-Westfalen, mit Krupp, welche Ersatzarbeitsplätze in Rheinhausen geschaffen werden können, aber allein schon die Forderung nach Ersatzarbeitsplätzen war Verrat an der Forderung „Erhalt der Hütte“. Also das als Doppelstrategie zu vermitteln, war ungeheuer schwierig und war für ... für alle IG Metall Verantwortlichen in diesem Konflikt 'n ungeheurer Balanceakt. Ich hatte dann auch noch die dankbare Aufgabe, als dann unter der Leitung von Ministerpräsident Rau ja der Kompromiss gefunden wurde, Ersatzarbeitsplätze, vorläufiges Weiterlaufen eines Hochofens, Qualifizierungsgesellschaft und dieses Ergebnis der Belegschaft als Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende verkünden zu dürfen, weil keiner der Betriebsräte, keiner sonst, die alle an den Verhandlungen beteiligt waren, bereit war, die Botschaft zu überbringen. Na ja, gut, ich hab auch verstanden, dass jemand den Kopf dafür hinhalten musste und die Prügel dafür einstecken musste. Aber das … Ich muss sagen, dieses Auseinandersetzung hat mich sehr geprägt auch in den Überlegungen, wie müssten präventiv orientiertere gewerkschaftliche Strategien aussehen bezogen auf Stilllegungspläne. Was muss man auch vorher in die Köpfe der verantwortlichen Funktionäre, Funktionärinnen bringen, damit man nicht in einer Situation, wo man natürlich in erster Linie erst mal für den Erhalt aller Arbeitsplätze zu kämpfen hat, alles abweist, was vielleicht noch mit Auffangstrategien sein kann. Das war der eine große Konflikt und der is' mir auch emotional natürlich sehr nahe gegangen. Wenn man da vor weinenden Stahlarbeitern steht, die Familien dabeistehen, ein ganzer Stadtteil voller Angst nur ist und man weiß, das und das ist vielleicht das Äußerste, was wir erreichen können, das geht schon an die Nieren und unter die Haut.
Also ich komm auch aus der Friedensbewegung, mein Mann und ich, wir waren beide sehr aktiv und engagiert in der Friedensbewegung und mir ging es damals darum, 'n Zeichen zu setzen, Kriegsdienstverweigerer, das muss man in dem Zusammenhang noch mal sehr deutlich sagen, mussten sich immer noch einem ungeheuren Verhör unterziehen und, und, und, und, und. Und das fanden wir entwürdigend und deswegen haben wir diese Kampagne mitgetragen. Die sollte im Wesentlichen dazu beitragen, (Pause) die gesellschaftlich … das gesellschaftliche Ansehen von Kriegsdienstverweigerern und Zivildienstleistung... enden zu verbessern, sollte im Wesentlichen dazu beitragen, diese Prüfungsmechanismen abzuschaffen und sollten die friedenspolitische Botschaft rüberbringen, das war ja nun immerhin schon Ende der 80er Jahre, deutlich zu machen, also weitere Abrüstungsschritte voranzubringen. Das waren natürlich Positionen, die mit Interessen unserer Beschäftigten in der Rüstungsindustrie teilweise in Konflikt gerieten, den eigentlich dort Beschäftigten war das, glaube ich, auch egal. Das hatte auch gar nicht unmittelbar so viel zu tun, aber man muss ja sehen, wir hatten innerhalb der IG Metall schon einige sehr (kurze Pause) für ihre Industriebereiche engagierte Betriebsräte, die halt auch Interesse daran hatten, entsprechende Aufträge zu bekommen und, und, und. Wir hatten als IG Metall deswegen auch einen Arbeitskreis Rüstungskonversion, der von einem sehr engagierten Kollegen geleitet wurde, wo wir versuchten, halt die Betriebsräte der Rüstungsindustrie, die Vertrauensleute dort für Konversionsgedanken zu gewinnen und zu sehen und so die Botschaft rüberzubringen, die Sicherung der Arbeitsplätze liegt nicht nur im Bereich der Rüstungskonversion. Das war ei'ne Diskussion, die Ende der 80er Jahre auch sehr stark verknüpft war da mit der aufkommenden ökologischen Diskussion in den Gewerkschaften, mit der Diskussion um alternative Energien und so weiter, sind ja auch da konkrete Projekte draus entstanden – in Schleswig-Holstein Windrad und so weiter in dem Kontext.
... also 'ne ... 'ne Frauenbewegung in den Gewerkschaften ist auch erst in dem Maße entstanden, dass mehr Frauen hauptamtlich bei den Gewerkschaften eingestellt wurden. Man muss sich mal vor Augen führen: 1964 war ich die erste Kollegin, die in politischer Funktion bei der IG Metall eingestellt wurde in einem Bereich außerhalb der Frauenarbeit. Sonst waren alle, also es gab in einigen Verwaltungsstellen Frauen, aber in der Vorstandsverwaltung der IG Metall hier gab’s Frauen in der Frauenabteilung und sonst waren das alles Männer in allen Fachabteilungen. Also ich war die erste Sachbearbeiterin, die dann eingestellt wurde – und das war 64. Das hat dann etwas zugenommen Ende der 60er Jahre, dass mehr Frauen eingestellt wurden, und 'nen richtigen Schub hat es eigentlich gegeben in den 70er Jahren, weil dann auch sehr viel mehr Gewerkschaften Frauen eingestellt haben, die aus Studiengängen kamen, Juristinnen, Volkswirtinnen und so. Und (Pause) in dem Maße, wie eigentlich dann in fast allen Fachbereichen und Fachabteilungen Frauen waren, hat sich dann auch so ein bisschen mehr Power in der gewerkschaftlichen Frauenarbeit entwickelt und so was wie Frauenbewegung in den Gewerkschaften auch stattgefunden. Das war dann in den 70er Jahren eher.
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Karin Overhage kam am 8. Oktober 1942 in Essen zur Welt. Mit der Ausbildung zur Chemielaborantin nach dem Realschulabschluss 1959 begann ihr gewerkschaftliches Engagement als örtliche Jugendvertreterin der IG Chemie-Papier-Keramik. Nach Beendigung der Ausbildung 1963 erhielt sie die Möglichkeit, an der Akademie für Arbeit in Frankfurt zu studieren; anschließend wurde sie Gewerkschaftssekretärin in der Bildungsabteilung bei der IG Metall.

Ab 1970 studierte die inzwischen verheiratete Karin Benz-Overhage zunächst berufsbegleitend, ab 1972 dann in Vollzeit Soziologie, Volkswirtschaft, Politikwissenschaft und Arbeitsrecht. Ab 1976 arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialforschung in Frankfurt und wurde 1982 promoviert. Im Anschluss leitete sie bei der IG Metall Projekte zur Humanisierung von Arbeit. 1986 wurde sie zum Geschäftsführenden Vorstandsmitglied gewählt, was sie bis 2003 blieb. Dabei war sie zunächst zuständig für Jugendarbeit und Computerisierung, ab 1992 für Betriebspolitik, Mitbestimmung, Betriebsverfassungsrecht und das Stahlbüro.

Als Vorstandsmitglied und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Krupp Stahl AG spielte Benz-Overhage eine wichtige Rolle in den schwierigen Verhandlungen um die Schließung des Krupp-Stahlwerks Rheinhausen 1987/88. Nach 1990 war Benz-Overhage am Aufbau der IG Metall in der ehemaligen DDR beteiligt. Zudem engagierte sie sich in der europäischen Gewerkschaftsarbeit und war Mitglied verschiedener europäischer Gremien.

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