Konrad Carl

IG Bau-Steine-Erden
IG Bau-Steine-Erden
Video 1 – 4:30
Duales Ausbildungssystemi
Video 2 – 3:48
Aufsichtsrati
Mitbestimmungi
Betriebsrati
Unternehmeni
Video 3 – 2:30
Leiharbeiti
Unternehmeni
Mindestlohni
1944 am 1. Mai begann meine Lehre als Zimmermann bei der hochangesehenen Zimmerei Gieß in Fürth. Nach dem Lehrvertrag drei Jahre. Lehrlingslohn im ersten Lehrjahr 8 Mark in der Woche, im zweiten Lehrjahr 12, im dritten Jahre 16. 48 Stunden Arbeit. Ich habe dann die Lehrzeit hinter mich gebracht und die Gesellenprüfung mit gut bestanden. Es waren damals auf den Zimmerplätzen nur ältere Gesellen, die also uns Lehrlinge unter die Arme gegriffen und unter die Fittiche genommen haben. Sie wohnten im Umland der Stadt und hatten meist zuhause auch eine kleine Landwirtschaft. Von daher bekam ich auch manches Stückchen Brot, was für mich natürlich sehr wichtig war. Deren Stundenlohn war 80 Pfennig in der Stunde und wenn man nun darauf hinweist, dass also die Jungen im Krieg waren, dann mussten wir, wenn wir dann morgens auf den Zimmerplatz kamen, den morgendlichen Gruß bei Arbeitsbeginn sagen: Grüß Gott und Heil Hitler. Die Rückantwort dieser Gesellen war sehr erstaunlich für uns: Drei Liter. Es dauerte nun bis zum Krieg, bis nach Ende des Krieges, bis mir klar wurde, das war die heimliche Protestreaktion auf die Nazis, was sie später auch lächelnd bestätigten. Von 1944 bis 45 war unsere Arbeit meist die Reparatur der Bombenschäden und das Abschü… Abstützen der Luftschutzkeller. Zum Transport der Baustoffe war meist die menschliche Arbeitskraft eingesetzt, der zweirädrige Zimmererkarren oder auch ein Pferdefuhrwerk. Die Bauhölzer, Steine, Mörtel, Holz wurden oft über Leitern auf den Rohbau geschleppt und erst nach dem Kriegsende wurden wichtige Dinge erfunden, nämlich dass der Mörtelmischer eingesetzt wurde und dass es einen Schnellbauaufzug gab, der zwei Schubkarren nach oben brachte, und es wurde auch aus Armeebeständen ein alter Lastwagen gekauft, der mit Holzgas fuhr, und wenn etwas transportiert wurde, musste einer hinter dem Auto nach am Berg, um mit einem Keil versehen das Rückwärtsfahren des Autos zu verhindern. Wenn man heute auf diese Entwicklung zurückweist, dann kann man sagen, dass mit den Kränen alles leichter geworden ist, dass es auch keine eigenen Holzgerüste mehr gab, die mit den Stricken zusammengebunden waren, und dass vor allen Dingen auch stabile Stahlrohr… Stahlrohrgerüste heute verwendet werden. So gesehen ist die Zeit nicht stillgestanden und man hat auch seine Arbeit sehr gut erleichtern können. Es gab eine einfache Formel, die lautete: Errechnet wurde der Arbeitserfolg nach der Formel Kraft mal Weg ist Leistung. So arbeitete ich dann bis 1945 bei den verschiedensten Baufirmen als Bundzimmermann, der also Holz verarbeitet hat, oder als Betonzimmermann, der die Schalungen für den Betonbau hergestellt hat. Unter uns Zimmerleuten war eine große Verbundenheit, Kollegialität und Kameradschaft. Man konnte sich hundertprozentig aufeinander verlassen, schon auch deshalb, weil oft der eine des anderen Leben in der Hand hatte, besonders bei sehr konstruktiven Aufbauten, wo sehr schwere Hölzer ihre Verwendung fanden.
Es gab ja vorher schon Bestimmungen nach den aktienrechtlichen Bestimmungen, wonach Arbeitnehmer den Aufsichtsräten angehört haben. Dies wurde dann später in diesem 74er Mitbestimmungsgesetz so beschrieben, dass also eine bestimmte Anzahl Arbeitnehmer dem Aufsichtsrat angehören, und es gab dann den Aufsichtsratsvorsitzenden, der eine Doppelstimme hatte, sodass im Grunde genommen, wenn man es gleich richtig bezeichnen will, die Arbeitnehmerseite wenig Möglichkeiten hatte, überhaupt was durchzusetzen, weil wenn es dann tatsächlich zum Bruch kam, dann hat der Aufsichtsratsvorsitzende mit seiner Stimme das entschieden und dann sind wir hinten runtergefallen. Aber ganz konkret ist es so, dass wir im Baugewerbe an sich von diesem Gesetz wenig Firmen hatten, die besetzt werden konnten. Das waren nur die großen, großen Aktiengesellschaften, vielleicht so 'ne Hand voll gewesen, und ich war bei der Firma Dyckerhoff und Widmann in München als Mitglied des Aufsichtsrates, aber als Gewerkschaftsvertreter, die andern waren ja Betriebsräte und, und von, aus den anderen Gruppierungen der Arbeitnehmer. Ich muss allerdings sagen, wir hatten kaum eine Situation, wo es so zu einem absoluten Knall gekommen wäre. Wir haben eher dann die Meinung vertreten, wenn wir einen vernünftigen Kompromiss hinbringen in irgendeiner Frage, ob die wirtschaftlicher Art, oder personeller Art, oder was man alles nehmen kann, dann ist es uns lieber. Wobei auch bei dieser Betrachtungsweise, die wir jetzt haben, erwähnt werden muss, nämlich die Stellung des jeweiligen Vorstandes, denn neben diesem Aufsichtsrat gab’s halt den Vorstand des Unternehmens, und wenn man mit dem Vorstand gute Beziehungen hatte, dann konnte man oft über den Umweg vieles regeln, ohne dass das erst im Aufsichtsrat sichtbar geworden ist, höchstens durch eine kleine Mitteilung im Sinne einer Information. Und wir müssen sagen, wir hatten also hier in München zu der Firma Dyckerhoff und Widmann hervorragende Beziehungen. Es gibt natürlich umgekehrt welche, wie also bei der Firma Walter Bau und anderen, dort waren schon erhebliche Auseinandersetzungen, mit denen unsere anderen Kollegen zu kämpfen hatten, die dort als Gewerkschaftsvertreter waren. Und ich persönlich bin bei Dyckerhoff und Widmann immer absolut mit einem gewissen Stolz in diesem Unternehmen gewesen, weil es erstens weltweit eine der besten konstruktiven Firmen waren, die an kaum einem schwierigen Bauwerk, da waren sie immer beteiligt, ob das die Brücke war, Maracaibo oder große Schnellbaubrücke in Malaysia und dergleichen, und ... oder vorgespannte Brücken, die also ohne Auflager sich nach vorne bewegen konnten. Und das hab ich von der technischen Seite her immer bewundert und weil ich neben der gesellschaftlichen Aufgabe als Aufsichtsratsmitglied, als Gewerkschafter war ich eigentlich immer doch mehr berührt von der technischen Seite, vom Können dieser Ingenieure und ich habe das immer als eine große Leistung angesehen.
Die deutschen Großbaufirmen haben sich weltweit gut behauptet. Die erste Firma, die ja in die Krise kam, war ja der Holzmann, Firma Holzmann, die zusammengebrochen ist, und die letzten großen Schwierigkeiten ergaben sich ja bei Hoch Tief in Verbindung mit der großen Baufirma aus Spanien, die die Mehrheit aktienmäßig übernommen hat. Also wir haben mit diesen Dingen weniger zu tun, und zwar auch aus einem gewissen anderen Grund. Diese Firmen, von denen wir jetzt reden, hatten mit ihren Kapazitäten auch nur Auftragsmöglichkeiten zur Durchführung, die eine gewisse Größenordnung haben, also Großbaustellen, Brücken und alles, was es dort gibt. Währenddessen ja 80 % der im Baugewerbe vorhandenen Firmen sind Handwerksfirmen. Das sind also Kleinfirmen von praktisch 5 bis 100 Leuten und ... und die sind auf die jeweiligen Märkte verteilt untereinander dann in Konkurrenz und versuchen, da das Möglichste zu machen. Die hatten natürlich dann, als sich die Öffnung nach Osten ergab, insoweit Schwierigkeiten, da kamen dann die Leiharbeiter, da kamen die Subunternehmen, da gab’s alle möglichen anderen Formen, die es da gibt. Und die haben den tariftreuen Firmen natürlich das Leben schwer gemacht, wobei auf der anderen Seite gesagt werden muss, dass wir eben dort keinen Draht mehr zu den … zu den ... zu den Regierungsstellen hatten, denn diese Öffnung hat Genscher zugelassen und auf unsere größten Proteste hin, welche Folgen das hat, hat er nicht geachtet, es war ihm wurscht, er stand international irgendwo im Wort gegenüber den Regierungen im Osten und dass er also sagt, ich lasse euch herein. Wir haben dann lediglich als Sicherung eins durchgesetzt und des ist natürlich sehr wichtig, erstens, dass wir im Baugewerbe einen Mindestlohn haben, und zweitens, dass die Firmen die da von anderswoher kommen und arbeiten auf unserem Boden, sich nach diesen Tarifbedingungen zu richten haben. Insofern sind wir über die Hauptschwierigkeiten hinweggekommen.
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Konrad Carl kam am 20. Januar 1930 in Fürth als Sohn eines Schuhmachers und einer Köchin zur Welt. Nach der Volksschule absolvierte Carl eine Lehre zum Zimmermann und arbeitete bis 1955 in diesem Beruf.

1946 trat er in die IG Bau-Steine-Erden (IG BSE) ein. Er engagierte sich als Jugendleiter und bekam die Möglichkeit, 1955/56 an der Sozialakademie in Dortmund Soziologie, Recht und Volkswirtschaft zu studieren. In den folgenden Jahren war Carl Geschäftsführer der IG BSE-Verwaltungsstelle in Regensburg, um 1961 zum Landesvorsitzenden von Bayern aufzusteigen. 1968 wurde er als Mitglied des Bundesvorstands berufen, ein Jahr später zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt. Von 1982 bis 1991 hatte Carl das Amt des Bundesvorsitzenden inne. Zusätzlich war er zwischen 1969 und 1991 im DGB-Bundesvorstand und engagierte sich international – so war er zunächst Vorsitzender, dann von 1985 bis 1993 Präsident des Internationalen Bundes der Bau- und Holzarbeiter.

Insbesondere in den Anfangsjahren von Carls Vorsitz musste die Gewerkschaft mit den Folgen der schweren Krise des Baugewerbes umgehen. Wichtiges Ergebnis von Carls Tarifverhandlungen war dabei die Vorruhestandsregelung für Bauarbeiter von 1985. Eine weitere Herausforderung während seiner Amtszeit war die Eingliederung der ehemaligen DDR-Gewerkschaft Bau-Holz in die IG BSE.

Seit 1960 ist Carl Mitglied der SPD.

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