Margret Mönig-Raane

Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
Video 1 – 3:53
Unternehmeni
ifo Instituti
Leiharbeiti
Werkarbeiti
Arbeitgeberi
Video 2 – 5:11
Unternehmeni
Bildungi
Tarifvertragi
Video 3 – 3:34
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)i
Ein Thema, was mich von Beginn an in meiner ehren- und hauptamtlichen Tätigkeit begleitet hat, ist das Thema Ladenschluss. Und das Erleben, dass Verbraucher und Verbraucherinnen durchaus manchmal andere Wünsche haben als Beschäftigte. Und die Frage, wie man das klug austariert, gar nicht gestellt war, sondern wo es eher darum ging, dass Einzelhandelsunternehmen sich gesagt haben, ach, mit längeren Ladenöffnungszeiten haben wir die Chance, mehr umzusetzen. Und ich erinnere noch sehr gut, als in – Mitte der 90er Jahre unter Wirtschaftsminister Rexrodt verkündet wurde, nach einer Studie des ifo Institutes, dass eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten auf 20 Uhr im Jahr 50 Milliarden mehr Umsatz bringen könnte und irgendwie 100.000 Beschäftigte mehr, vielleicht waren es auch nur 30.000, aber es war eine – nee, es war mehr, waren mehr als 30.000, vielleicht 60.000, also wie auch immer – jedenfalls eine hohe fünfstellige Summe von neuen Arbeitsplätzen bringen sollte. Wir haben seitdem es das Ladenschluss... nein, vorher schon, erbittert gekämpft, dass es erstens ein Ladenschlussgesetz überhaupt gibt, das war 1954, gab’s dann eins. Dann haben wir über viele Jahre die Attacken abgewehrt, bis 89 der lange Donnerstag eingeführt wurde und Mitte der 90er Jahre dann das Ladenschlussgesetz so geändert wurde, dass samstags länger geöffnet war und dass man jeden Abend bis 20 Uhr öffnen konnte. Damals haben wir sehr gute Zuschlagsregelungen vereinbaren können. Das war sozusagen der Trost, allerdings mit dem Ergebnis, dass die Arbeitgeber sofort überlegt haben, wie sie diese Zuschläge umgehen können. Und als dann Leiharbeit dereguliert wurde, war das das Mittel der Wahl oder die Pauschalbeschäftigten das Mittel der Wahl, wo sie gesagt haben, also bei Pauschalbeschäftigten hätten sie ja noch zahlen müssen, haben sie auch nicht mehr gemacht, aber bei Leiharbeitnehmern eben gar nicht und bei Werkarbeitnehmern auch nicht. Und in nicht wenigen Geschäften, die heute bis 24 Uhr auf haben, sitzen ab 20 Uhr Leiharbeitnehmer oder Werkauftragsnehmer an den Kassen, nicht selten haben sie Gesellschaft dann von Sicherheitsleuten, weil die Lage so unkompliziert sicherheitstechnisch dann auch nicht ist. Ja, und der richtige GAU war dann Anfang dieses Jahrtausends, als das Bundesladenschlussgesetz praktisch ganz aufgegeben wurde und viele Länder sogenannte Ladenöffnungsgesetze eingeführt haben mit unterschiedlicher Bandbreite. In Nordrhein-Westfalen wird’s grade wieder überprüft und hoffentlich ein Stück zurückgeführt und mit einer Ausnahme, das ist Bayern. In Bayern gilt noch immer das alte Bundesladenschlussgesetz und der Versuch, das zu kippen, ist auch, sonst wär's gar nicht möglich, mithilfe der CSU-Abgeordneten verhindert worden, die zu ihren Handwerkskammern, weil es da ja eben die Bäckereien, die Metzgereien, alle betrifft, die gesagt haben: Wir wollen das nicht.
Also, Teilzeitarbeit war ja dann nach der Zeit in der Bundesrepublik, wo die anständige Mutter zu Hause bei den Kindern war, mittags gekocht hat und der Papa womöglich zum Mittagessen nach Hause kam, auf jeden Fall die Kinder, war das dann die Möglichkeit, irgendwie doch 'n bisschen dazu zu verdienen. Das war so die Haltung. Weshalb Teilzeit bei den engagierten Frauen sehr in Verruf war, nämlich eine Abseitsfalle zu sein für Frauen, denn wer Teilzeit arbeitete, wurde als Arbeitnehmerin nicht wirklich ernst genommen, weil die waren ja nur Teilzeit da. Und zur vollständigen Anerkennung als Arbeiternehmerin gehört, dass man mindestens 8 Stunden da ist und Vollzeit arbeitet. In der Zwischenzeit entwickelt sich die Teilzeitarbeit so, dass viele Frauen gesagt haben, wir können gar nicht anders arbeiten, weil bei Teilzeitschulen und Kindergärten, die mittags zu machen, kriegt man keine Vollzeitarbeit geregelt. Und sie wollten auch Teilzeit arbeiten. Also haben wir gesagt, ja, das stimmt, es stimmt zwar auch die Einschätzung, dass das 'ne Abseitsfalle ist, aber dann müssen wir gucken, dass wir Mindestbedingungen regeln, was wir im Einzelhandel auch geschafft haben. Da hatten wir nämlich tarifvertragliche Regelungen, die beinhalteten, dass die Frauen mindestens so viel Stunden haben mussten, dass sie sozialversichert sind, also 20 Stunden war das Minimum, und natürlich, dass sie's auch entsprechend einteilen konnten und dass sie nicht so von vielen Leistungen ausgeschlossen blieben, wie das bis dahin war. Leider muss ich sagen, ist diese Regelung auch von unseren eigenen Kolleginnen und Kollegen nicht ernsthaft umgesetzt worden, weil das in der Tat zu großen Auseinandersetzungen in Betrieben geführt hat und hätte. Mache ... bei manchen ist das so, dass die es gar nicht versucht haben. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass auch grade im Osten es sehr viel Zwangsteilzeitarbeit gibt und wenn Umsatz- und Ertragsschwankungen sind, sehr gerne die Arbeitszeit der Kolleginnen genommen wird als Puffer, also dass man sagt, meinetwegen wie P&C Verträge abschließt, da steht drin null Stunden, aber bis zu 80 Stunden im Monat musst du bereit sein und wenn es hoch hergeht auch mal 140 Stunden. Dann ist man fast schon Vollzeit, das heißt, Arbeitszeit wird als Variable genommen, mit der man Kosten sofort dem Bedarf anpassen kann und wo das Risiko des Unternehmens auf die Beschäftigten über diesen Weg abgewälzt wird. Das heißt, bei solchen Verträgen weiß niemand genau, wie viel hab ich denn diesen Monat eigentlich, ja. Dann gibt es die Möglichkeit der Verstetigung des Einkommens, dass man sagt, im Schnitt sind das 80 Stunden und in einem Monat arbeitest du null und im nächsten 160, was weiß ich. Das gibt es auch, aber lustiger ist das auch nicht, weil das nämlich bedeutet, wenn ich sage, ich brauche aber um leben zu können, eine zweite Stelle, dann kann ich die gar nicht annehmen, weil ich nie weiß, wann ich an der einen Stelle arbeite. Das ist für die ... für die Beschäftigten, die so arbeiten müssen, ein richtig dickes Problem, das ist überhaupt keine Frage. Insofern ist die Forderung nach kürzerer Vollzeit und längerer Teilzeit, die sich dann treffen, was weiß ich, bei 30, 32 Stunden eigentlich die politisch und lebenswirklichkeitsnäheste Forderung, die es dazu gibt. Dazu wird natürlich auch gehören, dass wir Bildungseinrichtungen haben, die als Ganztagsbetrieb tatsächlich gut geführt werden und nicht nur Aufbewahrung sind, oder überhaupt nicht stattfinden. Oder was wir bei Kindergärten auch haben, die mittags zwei Stunden zu machen, was gar nicht geht. Gibt’s immer noch. Und insofern kommen die Frauen aus dieser Klemme überhaupt nur raus, wenn sie sich selber natürlich kümmern um andere Verträge gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft, aber eben auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen so verändert werden, dass Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht 'ne Privatveranstaltung ist, sondern dass die Bedingungen, die öffentlich zu gestalten sind, dass die auch stimmen. Ganztagsschulen, Ganztagskindergärten, Horte, also eben, dass die Kinder tatsächlich 8 Stunden am Tag qualitativ gut versorgt sind.
Also viele Frauen, auch heute noch, sagen ja so Sätze wie: Das tu ich mir nicht an. Wenn sie gefragt werden, Führungspositionen zu übernehmen. Weil das hab ich nicht nur einmal erlebt, dass wir Führungsfunktionen besetzen wollten mit Frauen und die Frauen alle abgesagt haben. Das tu ich mir nicht an. Und es gibt so was wie eine Scheu vor der Macht, weil Macht mit Machtmissbrauch sozusagen konnotiert wird. Wir haben das in den, ja, 90... Anfang der 90er Jahre mal thematisiert und festgestellt, Leute, Frauen, wenn wir nicht Macht wollen, bleiben wir machtlos im Wortsinn. Und deswegen kann das nicht sein. Wir wollen die Macht nutzen. Und dann hatten wir mal ein sehr schönes Plakat, das hieß: Frauen, da drunter das Wort: Macht und dahinter das Wort: mit, Frauen Macht mit, weil wenn Frauen sich nicht in Machtpositionen begeben, müssen sie sich nicht wundern, wenn sie in der Opferposition bleiben oder reingeraten. So, und deswegen müssen sie ja nicht akzeptieren, was da an Anwesenheits- und Loyalitätsbezeugungen über Anwesenheit erwartet wird. Ich weiß, dass das nicht ganz einfach ist. Mir selber ist mal folgendes passiert: Ich war als junge Mutter im Vorstand von HBV und unser Vorsitzender gehörte zu den Leuten 7 Tage, 24 Stunden. Der hatte immer unendlich Zeit. So, und dann war es so 16 Uhr und angesetzt war die Sitzung bis 17 Uhr, weil da musste ich ja auch weg, weil die Tagesmutter ging. Und dann hieß es aber und um 20 Uhr kommt der und der und um 21 Uhr kommt der und der. Und dann hab ich gesagt, also wenn Sitzungen länger dauern, muss ich das vorher wissen, weil dann muss ich was organisieren. Gut, es wurde nicht weiter kommentiert. Ich bin, glaub ich, an den Tag auch eher gegangen. Ich komme dann in der Woche in die DGB-Kantine, wo man immer ... also, soziales Management und das läuft ja viel über Kantinen, spricht mich jemand an und sagt: Ach, du bist das erste Teilzeitvorstandsmitglied, was es in den DGB-Gewerkschaften gibt. Sag ich: Nicht, dass ich wüsste. Wie kommst du denn da drauf? Na ja, wenn du schon um fünf nach Hause gehen willst. Und ich hab mich sehr gefreut, als damals dann die Ministerpräsidentin von Norwegen, Frau Brundtland, das genauso gemacht hat. Und dann hab ich gesagt: Donnerwetter, wenn das 'ne ausgewachsene Ministerpräsidentin machen kann und die Regierung bricht nicht zusammen und sie wird nicht abgesetzt, dann soll das ja wohl hier auch möglich sein, mal geplanter zu arbeiten. Und die Forderung geplante Arbeit oder planbare Arbeit und planbare Zeit für mich, für mein Privatleben ist ja durchaus auch eine Forderung, die wir dann später als tarifliche Forderung auch aufgenommen haben gegen die Entgrenzung der Arbeit auch in anderen Bereichen. Also insofern fließen dann durchaus private Erlebnisse und Ereignisse mit dem zusammen, was Frauen auch in anderen Berufen drückt, wenn Anwesenheit und permanente Arbeits- und Leistungsbereitschaft erwartet wird.
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Margret Mönig-Raane wurde am 3. Juni 1948 in Schmallenberg geboren. 1965 schloss sie die Schule mit der mittleren Reife ab und begann eine Ausbildung als Erzieherin. Nach dem Abschluss und erster Berufserfahrung begann sie 1970 ihr Studium der Sozialarbeit an der Fachhochschule Frankfurt am Main.

Von 1973 bis 1980 arbeitete Mönig-Raane beim DGB-Berufsbildungswerk in Frankfurt, zuletzt als Referentin in der pädagogischen Zentralstelle. Zudem war sie Betriebsratsmitglied.

1980 wechselte Mönig-Raane als Sachbearbeiterin zum Hauptvorstand der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und arbeitete 1986/87 als Gewerkschaftssekretärin der HBV-Landesbezirksleitung Nordrhein-Westfalen. Auf dem Gewerkschaftstag 1987 wurde Mönig-Raane in den Geschäftsführenden Hauptvorstand der HBV gewählt, wo sie unter anderem für die Bereiche Frauen- und Sozialpolitik zuständig war. Nach dem überraschenden Rücktritt Lorenz Schweglers übernahm Mönig-Raane 1993 den Vorsitz der HBV. Sie engagierte sich dort für mehr Arbeitszeitflexibilität und die Einführung der Frauenquote.

Mit anderen Gewerkschaftsvorsitzenden setzte sich Mönig-Raane für den Zusammenschluss der HBV mit der DAG, der DPG, der IG Medien und der ÖTV zur Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein. Von 2001 bis 2011 war Mönig-Raane stellvertretende ver.di-Vorsitzende. Während ihrer Amtszeit kritisierte sie immer wieder die Arbeitsbedingungen und Bezahlung im Dienstleistungsbereich, etwa bei Discountern.

Mönig-Raane ist SPD-Mitglied und unter anderem Kuratoriumsmitglied der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft Berlin e. V.

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