Peter Witte

IG Bergbau und Energie
IG Bergbau und Energie
Video 1 – 3:27
Unternehmeni
Video 2 – 3:44
Aufsichtsrati
Betriebsrati
Berufliche Qualifikationi
Bildungi
Treuhandi
Video 3 – 4:29
Industriegewerkschaft Bergbau-Energie-Wasserwirtschaft (IG BEW)i
Industriegewerkschaft Wismuti
Wir haben in Berlin-Buch gelebt und gewohnt. Ich habe dort die Grundschule weiter besucht, die Grundschule besucht bis zur neunten Klasse. Jetzt wird man fragen: „Wieso neunte Klasse, eigentlich schließt die mit der Achten ab?“, aber das war damals die Zeit, als die DDR sich umstellte, auf die zehnklassige Schule, und das war so eine Übergangszeit. Also mit der neunten Klasse abgeschlossen und daran sofort anschließend eine Lehre aufgenommen, in einem Handwerksbetrieb, auch in Berlin-Buch, ein Elektromaschinenbauer-Meister, der dort seine kleine Werkstatt hatte, drei Jahre dort gelernt und mit recht guten Ergebnissen abgeschlossen, als dann Elektromaschinenbauer, das ist also mein Beruf. Und ja schon auch aufgrund des sicherlich guten Ergebnisses meines Berufsschulabschlusses, den Wunsch gehabt weiter zu machen, ein Ingenieurstudium aufzunehmen, was natürlich meiner Mutter am Anfang nicht ganz so leicht fiel, mich da zu unterstützen, denn sie hätte mich schon gerne weiter als Mitverdiener gesehen, aber sie hat natürlich alles getan, um mich in dieser Frage zu unterstützen. Nur es ging nicht, dass man von einem Handwerksbetrieb auf eine Fachschule in der DDR gehen konnte, man musste dazu eine Delegierung haben, und die konnte mir mein Meister nicht ausstellen, also musste ich das Unternehmen oder den Betrieb wechseln und bin dann Anfang ´54 zur damaligen Ost-BEWAG gekommen. Berlin war ja zwar noch nicht durch die Mauer getrennt, aber es gab ja Ostberlin und die drei Westberliner Sektoren, und dort auch ganz gezielt hingegangen, weil das unter uns jungen Leuten, die Interesse dafür hatten, schon bekannt war, dass die BEWAG Ost immer ihre Delegierungssolls zu weiterführenden Schulen schwer erfüllen konnten, aufgrund des doch recht hohen Durchschnittsalters der Belegschaft, und meine Rechnung ging auf. Ich habe im April dort angefangen, im September wurde ich bereits zur Fachschule für Elektrotechnik und Schwermaschinenbau in Lichtenberg delegiert, habe dann dort das Studium aufgenommen und 1961 als Ingenieur für Elektromaschinenbau abgeschlossen – abgeschlossen und dann auch gleich den Mauerbau erlebt. Bezeichnend vielleicht für diese Phase war, dass wir entgegen aller anderen Gepflogenheiten, als Absolventen der Fachschule unsere Zeugnisse nicht wie üblich im Juli bekommen haben, sondern im September, also nach dem 13. August, und insofern man sich vielleicht erhoffte, dass die hohe Fluktuation, die Jahr für Jahr sich immer wieder abzeichnete, dass also viele Studenten oder Absolventen dieser Fachschule unmittelbar danach über Westberlin das Weite gesucht haben, dass man das verhindern wollte.
Ich mich repräsentiert gefühlt? Ja, na klar. Ich habe ja eben nicht nur das typische Sachgebiet Ost, sprich die Wasserwirtschaft, die ja als Branche neu in der IG BE war, mit in den Vorstand gebracht, sondern ich habe alte ... wurde verantwortlich für alte gestandene Strukturen, wie die gewerkschaftliche Bildung mit dem gewerkschaftlichen Bildungszentrum in Haltern, ist ja bekannt ein großes Gewerkschaftsbildungshaus, -heim, -internat, je nachdem, wie man es sieht und habe dann parallel dazu aufgebaut, eine gewerkschaftliche Bildungsschiene in den neuen Bundesländern, sprich in Kagel, wo wir lange Zeit Untermieter in so einem alten Ferienheim des Baukombinat waren, wo wir am Ende eine Immobilie erworben haben, völlig neu gebaut haben, und ein Riesen-Bildungszentrum in Kagel haben, unter anderem auch finanziert aus unseren von der Treuhand geretteten Millionen, da sind auch Teile davon eingeflossen. Das war mein Aufgabengebiet, das war mein Sachgebiet. Ich habe mich um die berufliche Bildung gekümmert und bemüht mit der RAG Bildung, die ja sehr viele Angebote auch in den neuen Bundesländern eröffnet hat, und war eigentlich in meinen Fachbereichen, Sachbereichen, für die ich zuständig war, akzeptiert, hatte meine Mitstreiter, die ... bei denen ich auch keine, wie soll ich sagen, jetzt hier Vorbehalte verspürt habe oder ähnliches, dass die da, weiß ich: „Jetzt kommt der doofe Ossi“, oder irgendwie so, „und will uns hier sagen, wo es langgeht.“ Es war durch die Bank ein gutes und ein kameradschaftlichen und ein konstruktives Zusammengehen. Und ich denke mal, da wo ich mit Sicherheit meine Bildunglücken hatte, da hatten andere sie auf dem Gebiet, wo ich wiederum zu Hause war. Und was die neuen Bundesländer anbetraf, konnten mir natürlich viele nicht ein X für ein U vormachen, weil da kam ich ja her. Und ich will mal eine Episode nennen, die ist so typisch für die Zeit, als ich das erste Mal im Kali-Werk Zielitz war, mich mit dem Betriebsrat dort und mit dem Gewerkschaftsvertreter hatte wir Termin, es ging um die Vorbereitung der Aufsichtsratssitzung, ich glaube, ich war dann danach dann dort auch im Aufsichtsrat. Jedenfalls haben wir zusammengesessen und ich bin dann, von da musste ich weiter nach, zur MIDEWA, also nach Mitteldeutschland weiter in Sachsen-Anhalt. Da kam der Vorsitzende, da sagt er: „Ich bring dich mit runter!“ Ich sage: „Quatsch, ich finde meinen Weg alleine. Du brauchst mich nicht zu bringen.“ – „Nein, ich komm mit! Ich will wissen, was du für ein Auto hast.“ Ich sage: „Was soll denn der Quatsch. Ich habe einen Dienstwagen, ich hab´ sogar einen Fahrer.“ – „Na den brauchst du auch, so wie ihr hier alle unterwegs seid, musst du auch haben.“ Dann kam er runter und sah, ich habe genau denselben PKW-Typ den die Vorstandsmitglieder im Westen auch haben, und da war er zufrieden, sagte: „Ein Glück! Wenn die dir irgend so eine alte Krücke gegeben hätten, ich hätte da Mord und Totschlag ... Aber das finde ich gut, das ist in Ordnung. Du bist genauso einer wie die, du bist von uns genauso in den Vorstand gewählt worden und dir steht genauso ein Dienstwagen zu, wie die auch fahren.“ Habe ich im Nachhinein etliche Male erzählt, die Story, aber so haben auch unsere Leute getickt, ja. Die haben gesagt, jetzt haben wir hier unseren Mann da drüben in dem Vorstand installiert und wehe die behandeln den sozusagen zweitrangig oder wie auch immer. Ich habe natürlich nicht gesagt, dass mein Wagen, weil natürlich noch keine neuen Wagen für die neuen Vorstandsmitglieder da waren, erst mal ein gebrauchter war. Aber das spielte ja keine Rolle, es war derselbe Typ und es war eben ja für ihn wichtig.
1990 gab es zwischen den drei Gewerkschaften oder mit den drei Gewerkschaften eine gemeinsame Sitzung der Hauptvorstände, der IG Bergbau (West) und der IG Wismut und der IG BEW in Berlin, in Zuge dessen die sogenannte „Berliner Erklärung“ unterschrieben wurde, die also besagte: „Wir wollen kooperieren, wir wollen zusammengehen, wir wollen am Ende fusionieren“, und die auch schon mal die groben Schritte vorzeichnete, wie dann das auch zeitlich und inhaltlich ablaufen sollte. Und im Rahmen dieser Gespräche dazu erklärte der Hans Berger relativ spontan, ohne dass es Vorgespräche mit mir gegeben hat: „Und im Übrigen Peter“, jetzt so vor größerer Runde, „wenn wir dann zusammengehen, dann wird es natürlich einen ersten gesamtdeutschen Kongress geben und auf diesem Kongress wirst du für die Vorstand kandidieren, der IG BE!“ Und da ging es mir ähnlich wie ein halbes Jahr vorher, als man mich hier mehrfach, von Hans Berger angefangen, vorgeschlagen hat für den Vorsitz der IG BEW oder IG BE damals noch zu kandidieren, dass ich erst mal geschluckt habe und dieses erlauchte Gremium, dem ich dann damit angehören sollte, war für mich in weiter Ferne. Und ich hatte eigentlich, wenn ich ehrlich bin, meinen persönlichen Weg in dieser ganzen Entwicklung nie beleuchtet und auch nie irgendwelche Vorstellungen gehabt oder Erwartungen. Ich war jedenfalls erst mal sehr erstaunt über das, ja quasi, Angebot oder über diese Aussage und habe mir Bedenkzeit erbeten. Und wir sind dann raus aus der Sitzung, und ich glaube der Wolfgang Weber war dann mit dabei, der dann sofort auf mich zugestürmt kam und sagte: „Peter, das musst du annehmen! Komm, überleg hier gar nicht lange! Natürlich musst du für uns kandidieren! Wir müssen da drüben vertreten sein, es kann nicht sein, dass wir hier nur von den Vorstandsmitgliedern West vertreten werden, und du musst, du musst, du musst!“ Okay, ich habe es am Ende, im Nachhinein, beim Überlegen eigentlich auch als logische Konsequenz oder als logisches Angebot schon eingestuft, weil ich gesagt habe: „Mensch, du hast jetzt hier ja die ganze Aufbauarbeit mit geleistet und hast eine Organisation, die sich bewährt hat in den Monaten des Umbruchs. Und warum eigentlich auch nicht?“ Und dementsprechend war dann auch meine Zustimmung dazu. So und dann habe ich ja als, ich sagte es vorhin schon, als quasi Beauftragter des geschäftsführenden Vorstandes für spezielle Fragen in den neuen Bundesländern oder „Ost“ abgekürzt gewirkt und ja die Zeit verstrich. Und ehe man sich dreimal umgedreht hatte, war dann der Zeitpunkt des gesamtdeutschen Kongresses herangerückt, und damit stand dann meine Wahl auf der Tagesordnung. Und ich sage mal, für mich kam dann auch sehr überraschend, eigentlich auch erst nach der Wahl, weil damit hatte ich auch nicht gerechnet, dass also Hans Berger, also unser Vorsitzender in der ersten Runde des nun um drei Personen erweiterten geschäftsführenden Vorstandes uns dreien auf den Kopf zu sagte: „Und das nächste, was wir von euch erwarten ist, dass ihr hier umzieht, bei uns herrscht Residenzpflicht! Ihr könnt nicht in Berlin wohnen, oder Dieter May, du in Chemnitz und hier bei uns im Vorstand sitzen. Ihr habt gefälligst hierher zu ziehen!“ Was wir dann am Ende auch sehr schnell selber festgestellt haben, dass man dauerhaft sicherlich nur wirken kann, wenn man auch vor Ort ist und nicht jeden Montag zur Vorstandssitzung mal eben hinfliegt oder mal schnell hinfährt oder so. Ja, also, wie soll ich sagen, es ist schon einerseits überraschend zu dieser Entwicklung gekommen, für mich überraschend, andererseits am Ende auch natürlich mit meinem Einverständnis.
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Peter Witte wurde am 17. August 1939 in Berlin geboren und arbeitete nach seiner Schulzeit und seiner Berufsausbildung als Elektromaschinenbauer und Relaismonteur in Berlin. Von 1958 bis 1961 studierte er an der Fachschule für Elektrotechnik und Schwermaschinenbau in Berlin-Lichtenberg und machte seinen Abschluss als Ingenieur für Elektromaschinenbau.

Seit 1961 war Witte in verschiedenen Funktionen im Berliner Energiesektor tätig, zuletzt als Abteilungsleiter im VEB Energiekombinat Berlin. Neben seiner Berufstätigkeit schloss er 1973 ein Fernstudium an der Hochschule für Ökonomie und Planung in Berlin-Karlshorst als Diplomwirtschaftler ab.

Mitte November 1989 war Witte Initiator einer Arbeitsgruppe Gewerkschaft und amtierender Vorsitzender des Hauptsprecherrates im VEB Energiekombinat Berlin und im Dezember Mitglied des „Gewerkschaftskomitees für Selbstbestimmung in der DDR“. Im April 1990 wurde er zum 1. Vorsitzenden der IG Bergbau, Energie und Wasserwirtschaft gewählt. Nach der Auflösung der Gewerkschaft war er bis April 1991 als deren Liquidator tätig. Anschließend war Witte bis 1996 Mitglied des geschäftsführenden Vorstands der IG Bergbau und Energie. Als Geschäftsführer der RAG Bildung GmbH ging er 1999 in den Ruhestand.

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