Es war ja so, dass der Schriftstellerverband in der DDR aufgelöst worden war und man per Einzeleintritt in den westlichen VS eintreten konnte. Das habe ich dann gemacht, weil ich mich natürlich auch interessierte, es waren neue Strukturen, es waren neue Leute. Und dann kam eine – Werner Heiduczek war es, der inzwischen 88 ist –, damals auf mich zu und sagte: Wir haben doch dieses Porträtgespräch zusammen gemacht und Sie sind ja jemand, der völlig unbelastet ist. Und hätten Sie nicht Lust, den Bezirksverband zu übernehmen und die Vorsitzende zu werden? Und da habe ich gedacht … Ich hatte keine Ahnung, welche Strukturen, ich hatte von den alten Strukturen keine Ahnung, weil ich nicht dabei war, und von den neuen, weil sie eben praktisch noch gar nicht griffen.
Ja, habe ich gesagt, gut, wenn ich Hilfe kriege, auch Hilfe aus dem westlichen VS, mache ich das. Und habe das gemacht und habe da auch wirklich viel Hilfe erfahren. Und das war natürlich für mich auch gleichzeitig der Eintritt in die Gewerkschaft. Wir waren in der DDR ja alle zwangsverpflichtet, im FDGB zu sein, und ich hatte ein ausgeschlossen negatives Verhältnis zur Gewerkschaft, sie war für mich der verlängerte Arm der Partei. Irgendwelchen Nutzen hatte ich nicht von der Gewerkschaft, Ferienplätze hatten wir nicht, meine Eltern waren wohl immer mal, da war ich mit, aber wir sind campen gefahren immer, wir sind auch heute noch Camper. Und … Sodass ich dachte, na ja, wenn der Schriftstellerverband in der Gewerkschaft ist, du guckst dir einfach die Gewerkschaft mal an! Und habe dann 94, weil ich gesehen habe, dass die Strukturen eben völlig andere sind und um etwas zu erreichen man sich auch in größeren Feldern vernetzen muss, habe dann mithilfe meiner bayerischen Kollegen, die da wirklich auch, denke ich mir, alle dummen Fragen wirklich rührend höflich beantwortet haben, haben wir dann 94 zum Tag des Buches am 10. Mai den Landesverband Sachsen gegründet, dem ich dann also auch vorgestanden habe. Und es war von Anfang an eine unkomplizierte und auch gute Zusammenarbeit. Ich bin dann zu so was eingeladen worden auch in dieser Zeit wie Schriftstellerinnenkongresse in Nordrhein-Westfalen oder so, wo sich alle Frauen trafen und furchtbar beklagten, wie schwer sie es als Autorinnen hätten. Und dann habe ich gedacht, was Gutes hat der Osten auch gehabt, wir Frauen sind einfach so ein Stück mit mehr Selbstverständnis ausgerüstet worden, ohne dass wir es wirklich gemerkt haben. Die Schwierigkeiten … Wir hatten ganz andere Schwierigkeiten, aber die Schwierigkeiten, die da beklagt wurden wie eben Kindergartenplätze oder so etwas, die gab es bei uns nicht. Ich habe aufgepasst, dass meine Kinder einen christlichen Kindergarten kriegen, dass sie nicht gleich die Sozialismuskeule übergezogen kriegten, obwohl sie noch gar nicht lesen und schreiben konnten. Aber im Prinzip waren ja Frauen … Sie sind durchaus nicht in die Führungspositionen katapultiert worden, das hat der Staat zwar immer behauptet, aber sie wurden natürlich – und das ist vielleicht boshaft von mir zu behaupten –, sie wurden auch deshalb voll in die Produktion und in alle Ämter mit integriert, weil man sie natürlich auch alle unter Kontrolle mit haben wollte. Also, für mich ist das immer ein Aspekt gewesen. Und dann gab es eben keine Arbeitslosigkeit. Auch wenn die Leute nichts zu tun hatten, hatten sie eine Stelle. Das war nicht generell so, aber es gab natürlich … Ich kann mich entsinnen, dass jemand mal, als wir unser Auto in die Reparaturwerkstatt brachten, sagte: Das Einzige, was uns hier fehlt, ist wirklich ein Sofa, dass man in den Zeiten, wo man keine Ersatzteile hat, auch mal ein Schläfchen machen kann!