Die originäre Aufgabe ist natürlich der Gewerkschaften, für angemessene Entlohnung der Beschäftigten zu sorgen mittels des Instrumentes der Tarifpolitik. Zweitens, über den Lohn und das Gehalt hinaus gilt es, auch im Rahmen tarifpolitischer Möglichkeiten auf die Arbeitsbedingungen derjenigen, die in den Betrieben und Verwaltungen tätig sind, Einfluss zu nehmen, Stichwort Humanisierung der Arbeitswelt, also hier dafür zu sorgen, dass die Arbeitsbedingungen humanen Gesichtspunkten und Forderungen hinreichend entsprechen. Dritter Punkt war, darauf zu achten, dass der Faktor Arbeit auf den Arbeitsmärkten möglichst nicht in eine Entwicklung hineingerät, wo es ein deutliches Überangebot gegenüber nachgefragter Arbeit gibt. Da greift dann das Instrument der Arbeitszeitverkürzung, des Bildungsurlaubs, um nur mal so zwei Beispiele zu nennen, hinein. Eine vierte Aufgabe für die DAG, vielleicht nicht in dieser Ausprägung für die einzelnen Industriegewerkschaften, sehr wohl aber für den DGB, war im Rahmen der Spitzenverbandsfunktion auf politische Entscheidungen Einfluss auszuüben. Das heißt also, auf die Gesetzgebung im Rahmen der Selbstverwaltungseinrichtungen, in der Sozialversicherung den Anspruch der Beschäftigten zur Geltung zu bringen, an dieser Selbstverwaltung dann auch ihren angemessenen Anteil zu haben. Im Bereich der Ersatzkrankenkassen ist uns das ja zu 100 Prozent gelungen, da gab’s nur Arbeitnehmervertreter in den Gremien. In der Rentenversicherung gab’s praktisch die Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern. In der Bundesanstalt für Arbeit gab’s die Drittelparität zwischen öffentlichem Interesse, Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite, Gewerkschaften. In den Berufsgenossenschaften wieder eher die Parität. Also unser Feld ist auf der einen Seite direkt ausgerichtet auf die Arbeitsbedingungen und was damit zusammenhängt und auf der andern Seite, jedenfalls für die Spitzenorganisationen im Besonderen, für die Einzelgewerkschaften des DGBs bei sehr speziellen Dingen sicherlich dann auch dort, beispielsweise im Rahmen der Berufsausbildung, das ist ja auch immer ein Feld gewesen, auf dem die Gewerkschaften bei der Entwicklung neuer Berufsbilder aktiv mitgearbeitet haben. Das Feld ist relativ groß und dann natürlich auch im Rahmen der internationalen Gewerkschaftsarbeit sich darum zu kümmern, dass wir ein Mindestmaß an abgestimmtem Verhalten der Gewerkschaften erreichen über die internationalen Gewerkschaftsorganisationen und uns nicht wechselseitig auch noch Konkurrenz machen, auch so was hat es ja gegeben. Eine meiner ersten Erfahrungen, ich hab 'ne Zeit lang zugearbeitet in meiner Funktion in der Wirtschaftspolitik für meine Chefin damals, Gerda Hesse, stellvertretende Vorsitzende, die Mitglied des Wirtschafts- und Sozialausschusses in Brüssel war, und ich hab dann an den Vorbereitungssitzungen dieses Gremiums dann häufig mitgewirkt und war dann immer überrascht, dass man da viel häufiger, als man das auf der deutschen Seite registrieren konnte, ein abgestimmten Verhalten zwischen Gewerkschaftsvertretern, Regierungsvertretern und Arbeitgebervertretern auf der Brüsseler Ebene plötzlich registrierte, und wir haben uns häufig dann auch unsere wechselseitigen Konkurrenzkämpfe zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften geleistet. Das war übrigens ein Grund, warum ich dem Kohl klargemacht habe, dass es sinnvoll wäre, grade mit Blickrichtung Brüssel, doch den Versuch zu unternehmen, Gewerkschaften, Wirtschaft und Regierung in informellen Gesprächen an einen gemeinsamen Tisch zu bekommen, um zu sehen, ob wir – grade was unsere Interessen, die nationalen Interessen in Brüssel anbelangt – nicht etwas stärker mal auch koordiniert dort auftreten, und das war dann der Beginn der Kanzlergesprächsrunden bei Kohl, an der dann damals Hans Georg Meier für den DGB, Zwickel für IG Metall, Herbert Mai für die ÖTV, ganz am Anfang noch Wulf-Mathies, und ich für die DAG teilgenommen haben. Und das war ein interessanter Meinungs- und Erfahrungsaustausch, der sich häufig so von acht Uhr abends bis weit nach Mitternacht dann hinzog. Und dann hab ich dem Kohl in der nächsten Wahlperiode vorgeschlagen gehabt, dass er das auf eine etwas formalere Ebene setzt, Stichwort Bündnis für Arbeit, und da hat er erst 'n bisschen gezögert, aber dann hat er es doch gemacht.