Rolf Büttner

Deutsche Postgewerkschaft
Deutsche Postgewerkschaft
Video 1 – 4:55
Personalrati
Jugend- und Auszubildendenvertretungi
Gewerkschaftsjugendi
Berufsbildungsgesetzi
Video 2 – 3:57
Sozialstaati
Betriebsrati
Video 3 – 2:16
Die Linkei
Tarifvertragi
Einheitsgewerkschafti
So kam ich 1965 zur Deutschen Post als Postjungbote, also Briefträger habe ich gelernt. Und für mich war völlig klar: Der 01.04.1965 bin ich angefangen, da war ich sofort am ersten Tag Gewerkschaftsmitglied, und am 01.05.1965 war ich Mitglied der sozialdemokratischen Partei. Das waren beides Schritte, die ich sofort gemacht habe. Ich habe mich freiwillig dann bei unserem damaligen Personalratsvorsitzenden gemeldet und gesagt, ich möchte in die Gewerkschaft eintreten. Das war was ganz Ungewöhnliches, weil man wurde ja früher immer vorgeladen und dann wurde man denn gebeten, in die Gewerkschaft einzutreten. Dass sich da jemand freiwillig meldet gleich am ersten Arbeitstag, nachdem er bei der Personalabteilung alles unterschrieben hatte, das war schon etwas ungewöhnlich. Und weil ich das so gemacht habe, hatten damals unser Personalratsvorsitzender und der Betriebsgruppenvorsitzender gedacht: Na ja, mit dem können wir ja vielleicht auch was anfangen. Und ich war gerade zwei Monate in meinem Beruf tätig, also in der Lehre tätig, da haben die dann einen Delegierten gesucht, der zur Ortsjugendversammlung geht in Hamburg der Postgewerkschaft. Und ich muss sagen, ich wusste gar nicht so richtig, was das alles ist, aber Postgewerkschaft war gut, also bin ich mal zu der Delegiertenversammlung dort hingegangen. Dann war da die Ortsjugendkonferenz, und auf der Ortsjugendkonferenz wurde da diskutiert über alles Mögliche, und ich habe was ganz Unpolitisches gesagt damals, und zwar: Das war, wie gesagt, 1965, und da habe ich die Zeitschriften gesehen, die Jugendzeitschriften, die waren alle in schwarz-weiß, und ich habe dann damals gesagt, also ich finde das alles nicht gut, wie es hier gemacht wird, da müsste mehr Farbe rein, wir müssten farblich was drucken und so weiter, und so fort, also was völlig Unpolitisches. Das hat aber den Delegierten gut gefallen, und bums, bin ich da vorgeschlagen worden und wurde denn Mitglied im Ortsjugendausschuss der Deutschen Postgewerkschaft in Hamburg. Im Verlaufe der Zeit wurde ich dann auch Mitglied im Bezirksjugendausschuss, das war für die Oberpostdirektion Hamburg, und im Jahre 1974 bin ich dann damals, so hieß das dann, der Bezirksjugendleiter in Hamburg geworden und war zuständig eigentlich für alle Ortsjugendgruppen, die es damals in Hamburg, in der Oberpostdirektion Hamburg von der Postgewerkschaft dann gab. Und da fing eigentlich so in dieser Zeit auch so das politische Leben an. Natürlich waren wir geprägt durch diese Funktion, aber auch über das, was dann unterwegs politisch tätig war. Seit 68 rumorte es in der Republik, wir waren in den Jugendgruppen aktiv, wir haben das diskutiert, wir haben Resolutionen gemacht, wir haben uns an den Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg und so weiter, und so fort, beteiligt. Klammer auf, nicht immer gerade zur Freude unserer Altvorderen, die da teilweise eine … damals eine völlig andere Sicht, politische Sicht der Dinge hatten und, ich sage mal so, mehr auf dem berufspolitischen Weg waren. Und das fanden sie sehr ungewöhnlich, dass sich jetzt die Gewerkschaftsjugend da auch noch politisch engagiert. Aber das haben wir damals alles gemacht und das hat uns auch, ich sage mal so, geprägt. Und dann kam so die Zeit 1974, 75, die Debatten um das Berufsbildungsgesetz, und ich war damals auch noch Jugendvertreter gewesen, und wie gesagt, DPG-Bezirksjugendleiter. Und wir wollten eigentlich unsere alten Ausbildungsvorschriften, unsere Ausbildungsorganisation, an der es sehr viel Kritik gab, die schon altbacken gewesen ist, über Bord werfen, und wir wollten ein neues Berufsbildungsgesetz haben. Und es traf sich damals gut, dass auch die damalige Bundesregierung unter Willy Brandt neue Wege gegangen ist und unter anderem auch ein Berufsbildungsgesetz wollte dann und auch die Organisationen. Und das wollten wir begleiten, da wollten wir uns einbringen. Und da haben wir auch viel gemacht, viel diskutiert. Wir haben eben die Eingaben gemacht als Jugendvertreter über unsere Betriebsräte, Personalräte ja damals, wir haben … Politisch waren wir aktiv.
Damals war dann jemand beauftragt, mit mir zu verhandeln, der kam aus Frankreich und aus der Schweiz und hatte da den deutschen Paketdienst saniert, geleitet. Und in der ersten Verhandlungsrunde hat er mir dann erzählt: Herr Büttner, wir machen das eigentlich so wie in Frankreich. Wir geben das Sendungsvolumen einer türkischen Familie, die teilt das unter sich auf, die kriegt dann nach dem Sendungsstück Lohn, nach der … bezahlt, die teilt das unter sich auf und verteilt das dann und organisiert sich das selber, wie das an den Mann kommt. Da gibt es Vorgaben, bis dann und dann muss das ausgeliefert sein. Ich muss auch, ehrlich gesagt, sagen, ich … Und übrigens, die Bauern haben ja auch in Frankreich noch, die könnten das nebenbei auch noch machen auf dem Land dann halt, da gibt es auch so Systeme. Und so wollen wir das in Deutschland auch machen. Ich habe jetzt erst gedacht, als ich das in der Verhandlung hörte, wir haben heute den 11.11., ist Karnevalsbeginn! Nachgefragt, ob das jetzt ernst sei dort. Und dann hat er mir das noch mal bestätigt, hat gesagt, wissen Sie was, da geht bei uns überhaupt kein Gedanke, wir haben mal was von Deutschland, Sozialsystem gehört, von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Bevor Sie mit solchen Sachen kommen, müssen Sie sich mal über Deutschland informieren, was hier Sozialstandards sind und was eine Gewerkschaft machen kann oder nicht machen kann halt. Dann sind wir auseinandergegangen, wollte sich das alles noch mal überlegen. Und dann kamen wir zwei oder drei Wochen später wieder zu einer Verhandlung, da kam der doch tatsächlich wieder mit dem gleichen Vorschlag an! Da bin ich aus dem Karton gesprungen und habe gesagt, dass jetzt die Verhandlung beendet ist. Dann bin ich zu dem damaligen Postchef gegangen und habe gesagt, Herr Zumwinkel, wenn das was werden soll, tut mir wirklich leid, schicken Sie mir einen anderen Verhandlungspartner, aber so geht das nicht. Das wird in einem Großkonflikt hier enden! Der gute Mann ist dann nach China versetzt worden, wir hatten einen Verhandlungspartner gekriegt, mit dem haben wir uns dann am Ende auch gütlich verständigt. Ich sage das, das war nicht leicht für uns, wir haben auch viele Kröten schlucken können. Aber guckt man sich mal heute an, was der Gewinnbringer unter anderem der Post ist: Ist der Paketdienst. Der Briefdienst geht runter, der Paket… Wir haben das damals richtig gemacht. Dass wir diesen Sanierungsvertrag gemacht haben, dass wir das richtig gemacht haben, dass wir das auf eine gesunde Schiene gesetzt haben. Neulich hat ein Betriebsrat zu mir gesagt, als ich in Bonn war: Rolf, eigentlich müssten die Post-Vorstände, wenn du nach Bonn kommst, dich in eine Sänfte setzen und dreimal um den Post-Tower tragen, dass du damals verhindert hast, dass der Paketdienst verkauft worden ist und abgestoßen worden ist und dass ihr den Sanierungsvertrag gemacht habt. Ich glaube, das wird auch heute vom Management so gesehen, nicht mit der Sänfte, aber dass das ein … Das würden die nie machen, aber dass der erfolgreich damals gemacht haben. Also das war nicht ganz einfach. Aber da gehörte natürlich auch ein Mut zu und das Vertrauen der Betriebsräte und auch das Vertrauen der Beschäftigten, dass ihre Gewerkschaft das am Ende auch dann regelt und dass wir uns auf was einlassen. Dass wir uns auf was einlassen, was auf lange Sicht Bestand hat. Kurzfristig mussten wir in den sauren Apfel beißen, aber auf lange Sicht dann halt Bestand hat.
Es kann für die Arbeitnehmer nur sinnvoll sein, dass es eine Gewerkschaft gibt, die in dem Betrieb die Tarifverträge macht und abschließt, und wo sich alle Mitglieder auch dann hinterher in dieser Gewerkschaft versammeln. Es ist aber auch wichtig, dass man dann begreift, dass es eine Einheitsgewerkschaft ist mit einem hohen Gut, in dem sich sowohl Kollegen wiederfinden, die sozialdemokratisch organisiert sind, die christlich-demokratisch organisiert sind, die grün organisiert sind, die bei den Linken organisiert sind, die unterschiedliche Konfessionen haben, die muslimisch, römisch-katholisch, jüdisch, christlich, was auch immer oder auch ohne Konfession sind, dass die alle in einer Gewerkschaft sind und auch das als ihre Heimat begreifen. Und natürlich gibt es da auch unterschiedliche weltanschauliche und religiöse Ansichten, aber das muss dann eine Gewerkschaft irgendwo auch intern dann ausgleichen. Denn wenn wir das dann auch noch zum Maßstab machen, dass man nicht nur politisch sich aufteilt in Gewerkschaften, unterschiedliche Richtungen, dass man sich dann auch noch konfessionell aufteilt in unterschiedliche Richtungen, und dann noch Berufssparten bringt, dann haben wir ja wieder Verhältnisse wie in der Weimarer Zeit, wo mein Onkel Hans – auf den ich jetzt wieder zurückkomme – mir gesagt hat, das musst du vermeiden, das ist nach 45 wichtig, eine Einheitsgewerkschaft für alle zu bilden. Bedeutet aber auch Toleranz gegenüber anders Denkenden, die eine andere Meinung haben. Dann gibt es manchmal auch Dinge, wo man sagt, na ja, politisch halte ich das schon für richtig, aber wenn eine große Mehrheit der Mitglieder das ein bisschen anders sieht, dann muss man da halt auch ein Stück weit zurückstecken dann. Und ich sage das auch ganz offen: Bei uns haben wir in Bayern einen Organisationsgrad auch von 95 Prozent. Ja gut, aber da kann man ja auch mal davon ausgehen, dass von den 95 Prozent unserer Mitglieder mindestens 60, 70 Prozent auch die CSU wählen. Also müssen die da auch irgendwo sich in unserer Organisation mit ihrer politischen Heimat wiederfinden. Das macht die Gewerkschaft eigentlich so wichtig.
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Rolf Büttner wurde am 9. Juli 1949 im schleswig-holsteinischen Garding geboren. Nach seiner Schulzeit absolvierte er ab 1965 eine Ausbildung zum Postjungboten in Hamburg. Kurz nach Beginn der Lehre trat er in die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) und die SPD ein. Bereits während seiner Lehrzeit engagierte sich Büttner in der gewerkschaftlichen Jugendvertretung, organisierte einen Streik der Postlehrlinge und stieg als Bundesjugendleiter in den Hauptvorstand der DPG auf. 1974 wurde er Vorsitzender der Hauptjugendvertretung beim Bundespostministerium in Bonn.

Nach weiteren Stationen bei der Bundespost in Hamburg wechselte Büttner 1982 hauptamtlich zur DPG-Hauptverwaltung nach Frankfurt/Main, wo er zum Leiter der Abteilung Jugend aufstieg. Als Arbeitskampfsekretär war er seit Ende der 1980er Jahre für die Streikorganisation zuständig, u.a. auch während der Wende in der DDR. Anschließend war Büttner bis 2000 als Abteilungsleiter beim Hauptvorstand der DPG tätig. Während der Privatisierung der Bundespost setzte er sich verstärkt für sozialverträgliche Lösungen zugunsten der Beschäftigten ein.

Im Jahr 2000 wurde Büttner Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstandes der DPG, im folgenden Jahr Mitglied des ver.di-Bundesvorstands und Bundesfachbereichsleiter für Postdienste. Von 2006 bis 2007 war er stellvertretender ver.di-Bundesvorsitzender. Auf internationaler gewerkschaftlicher Ebene amtierte Büttner seit 2006 als Präsident des Internationalen Postgewerkschaftsbundes UNI Post und Logistik, deren Europa-Präsident er bereits seit 2000 gewesen war.

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