Rolf Hofmann

Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands
Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands
Video 1 – 3:25
Nationalsozialismusi
Video 2 – 4:05
Streiki
Betriebsrati
Unternehmeni
Personalrati
Arbeitsschutzi
Video 3 – 4:10
Streiki
Angestelltei
Arbeiter_ini
Industrie-/Berufsgewerkschafti
Arbeitgeberi
Arbeitslosigkeiti
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)i
Tarifvertragi
... und nach dem 9. November diesen Jahres möchte ich ein Bild aus meinem Arbeitszimmer zum 9. November 1938 einführen. Der Johann Leo Hofmann wurde sofort verhaftet, mein Großvater, weil er sich gegen die jüdische Verfolgung schriftlich ausgesprochen und den Nazis ein böses Ende prophezeit hatte. Sondergericht Nürnberg unter einem Richter Rothaug verurteilte ihn, Gestapo-Gefängnis 4 Nürnberg hinterm Justizpalast, das er lebend nicht verließ nach vier Jahren. Der Rothaug selbst wurde auch zu lebenslänglich verurteilt im Nürnberger Juristenprozess, kam aber in den … Anfang der 50er Jahre – wie fast alle – ins Freie. Diese Einleitung ist wichtig, weil das Potsdamer Abkommen die einzig notwendige Konsequenz ziehen konnte, dass die verschiedensten Varianten von Faschismus verboten, zu verfolgen, zu unterdrücken seien. Die Vereinigung des Landes mit dem sogenannten 2+4-Vertrag von Moskau vom – ist es Oktober 19… ? – nein, es war etwas früher vor der Vereinigung, 1990, hat eine wesentliche Variante eingebracht, die in unsere Tagespolitik reinspielt. Es heißt dort, ich zitiere mit Unterbrechungen, dass Parteien und Vereinigungen, die gegen fdGO, Völkerverständigung et cetera oder nationalsozialistische Zielsetzungen haben, verstoßen, Zitat „verboten werden können“ Zitat Ende. Es besteht keine Notwendigkeit, faschistische Gruppierungen, die nach dem Potsdamer Abkommen aufzulösen sind, zu verbieten sind, heutzutage noch zu verbieten nach dem 2+4-Vertrag. Es ist wenigen aufgefallen. Ich hab die Verträge nach diesem Passus hin gelesen. Einer meiner Lehrer, Max Horkheimer, schrieb 1939 im Exil, damals in der Variante, wer vom Faschismus nicht reden möge, brauche auch vom Kapitalismus gar nicht erst zu reden. Ich möchte es rumdrehen. Wer vom Kapitalismus hierzulande nicht reden will, braucht auch vom Faschismus nicht zu reden und sich über ihn zu beklagen. Das ist eine sehr schwierige Geschichte, wenn Menschen nicht konsequent genug sind. Ich übersetze es ins Tagesgeschehen. Wir haben eine Vorstellung, warum die Weimarer Republik, mit welchen Schwächen, mit welchen formalen Schwächen der Formaldemokraten zusammengebrochen ist vor 33, schon 32, schon 29. Wir sind auch auf einem gefährlichen Weg, nicht wehrhaft für eine inhaltliche, für eine soziale Demokratie einzustehen. Das müssen wir täglich immer wieder lernen und weitergehen.
Ich glaube, wir sollten das Streikkapitel hier nicht ausdehnen, sondern auf einige andere zentralen Gewerkschaftspunkte zu sprechen kommen, bevor ich meinen eigenen Arbeitsbereich Organisation, Personal, Bildung besprechen möchte. Ich war ein Jahr lang mit der Vertretung des sozialpolitischen Vorstandes beauftragt, der schwer erkrankt war. Ich bin kein Renten- und kein Krankenfachmann, kein Urlaubsfachmann, aber die Arbeitsbedingungen, der Arbeitsschutz im doch verdammt gefährlichen Eisenbahnbetrieb, im Betrieb des Rollenmaterials, davon verstand ich etwas mehr und führte einige Erneuerungen mit ein. Das ist wichtig im Verständnisprozess im Betrieb. Personal- und Betriebsräte können notwendigerweise etwas kurzsichtiger sein, sind etwas näher am Mitglied als der fernstehende Gewerkschaftssekretär. Worauf möchte ich hinaus? Im Straßenbild sehen sie heute, ob öffentlich oder privat, Presslufthammer ohne Gehörschutz, ohne Gelenkschutz. Wir haben diese Berufe im Spritzgussbetrieb mit höllisch tödlichen Fahrten im Bahnausbesserungswerk gehabt. Wir hatten im Gleisbau Erschütterungen, dass sie nach zwei Jahren die Handgelenke zerstört hatten, die Wirbelknochen. Wir hatten, ja, Taube, die mit Riesenlärm keinen ausreichenden Hörschutz hatten. Ich hatte damals sogar mithilfe amerikanischer Produkte, die ich dort kennenlernte, wir hatten intensive Erfahrungen mit amerikanischen Gewerkschaften, und einem willigen öffentlichen Bahnvorstand die Chance, die Beschäftigten zu beglücken mit einem höheren Arbeitsschutz. Das war so leicht nicht. Als wir die ersten orangefarbenen, gelbfarbenen Schutzkittel, Regenkleidung brachten, hörten wir: Wir laufen doch hier nicht wie Affen rum. Das mögen wir nicht. Die Härte des Funktionärs heißt: Freund, dein Arbeitsplatz ist organisiert. Du arbeitest auf einem organisierten Arbeitsplatz. Bitte schön, du hast die Wahl. Der Arbeitsplatz braucht diese Schutzkleidung, braucht diesen Gehörschutz. Nach zwei, drei Jahren war dieser Fall ausgestanden. Diejenigen, die noch in der schwarzen Drillichanzug rumliefen, sagten: Sind wir eigentlich Sträflinge? Wir möchten auch die bunte Schutzkleidung haben. Und so kamen wir von Kopf bis Hand bis zu Vollautomaten zu einem höheren Arbeitsschutz. Vollautomat heißt, dass diese Spritzguss… Spritzautomatenfirma Dürr aus einem schwäbischen Ort nicht nur für Automobile, sondern auch für Eisenbahnwaggons Vollautomaten herstellt, die den Bediener in einer schall- und geruchsgesicherten Kabine bedienen lässt. Der Großaktionär Dürr wurde 10 Jahre lang auch Vorstandsvorsitzer der West- und der Ostbahn und stattete unsere bis dahin sehr schädlichen Unternehmensteile mit solchen Automaten aus.
Ja, man könnte zur ganzen Frage der Zentralisierung, Dezentralisierung von Großorganisationen, Kleinorganisationen anführen, dass wir zunehmend das Problem zu besprechen hatten von der großen Klassenorganisation über die Gruppenorganisation, Arbeiter, Angestellte, paar Beamte, über die speziellen Berufsorganisationen und Lehrer, Polizisten, manche Eisenbahner meinten auch, sie seien eine Berufsorganisation, bis zur heutigen Individuierung der einzelnen Arbeitskraft zu Ergebnissen zu kommen. Wir konnten uns lange dem allgemeinen Trend nicht entziehen, bis auf den heutigen Tag, 2011, 2012, diese große Finanz- und Wirtschaftskrise nicht beendet, trotz allen vordergründigen Anscheins dieses Landes hier, bewirkt in der Rückkopplung, dass wir uns leb… erwägen, überlegen, erwähnen, wie man Arbeit der Aktiven, der Rentner, der Arbeitslosen neu zu organisieren habe. Nicht mithilfe von Splittergruppierungen, die je kleiner desto mächtiger werden können, desto gefülltere Streikkassen haben, sondern die das Ganze zu beachten haben. Am gestrigen Tag endete die Schlichtung der Lufthansa- Flugbegleiter. Sind sogar einige Tausend. Das sind in meinem Organisationsbereich Zugbegleiter, Zugführer. Ein ehrenwerter, guter Beruf, aber sie dominieren, sie lähmen die gesamte Branche, wenn sie allein verhandeln dürfen. Ich gebe dem Hörer ein Beispiel aus dem Eisenbahnbereich. Durch die hochgradige Technisierung herrschen heute ein, zwei Dutzend Menschen über die gesamte Stromversorgung der Deutschen Bahn in einem mitteleuropäischen Verbundnetz von Sizilien bis Skandinavien. Diese Menschen wären, wenn ihnen die Macht einer Gruppenvereinigung gegeben wäre, in der Lage, das Netz für eine Million direkt und nachbarlich Beschäftigter stillzulegen. Das ist nicht Sinn einer ehedem beschworenen Arbeitsteilung. Und wir haben seit den frühen 50er Jahren das Tarifvertragsgesetz, die Weimarer erstmalige Tarifstimmung, Berechtigung aufgenommen. Ein Tarifvertragsgesetz, das eine Industriegewerkschaft die – wie in westlichen Ländern – die Mehrheit der Beschäftigten organisiert, die damit tariffähig ist, die alleinige tarifvertragliche Vertretung zuspricht (Klammer: mit Zustimmung der Arbeitgeber, die in den 50er, 60er, 70er Jahren gegeben war). Aber wenn ich mich nicht täusche, sind heute eine Minderheit der Betriebe tarifpflichtig und eine Mehrheit sind freischwebend oder außerhalb. Es scheint, dass eine Mehrheit der Politik und noch eine starke Minderheit der Unternehmer bereit wäre, mit den DGB-Gewerkschaften diese Tarifbindung wieder einzuführen, weil sie sich über ein halbes Jahrhundert im Prinzip großartig bewährt hat. Wenn sie eine Minderheit von Beschäftigten aus all deren Recht, aber überzogen das Recht einräumen, wie die Topspekulanten im Börsen- und Bankenbereich ein Einkommen mit 30, 50, 100% zu erhöhen und die anderen 99 % auf der Erde zu lassen, entspricht nicht dem Vertretungs- und Demokratieverständnis einer DGB-Gewerkschaft.
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Rolf Hofmann wurde am 3. Mai 1934 in Ansbach/Mittelfranken geboren. 1951 verbrachte er ein Austauschjahr an einer High School in Chicago. Neben der Schule und nach dem Abitur 1953 arbeitete er als Hilfsarbeiter in verschiedenen Bereichen. Hofmann studierte Betriebs- und anschließend Volkswirtschaft in Frankfurt, worin er auch promoviert wurde. Während seines Studiums engagierte er sich im Sozialistischen Deutschen Studentenbund, weswegen er zeitweise aus der SPD ausgeschlossen wurde.

Erfahrungen mit Tarifverhandlungen sammelte Hofmann zunächst auf Arbeitgeberseite als Direktionsassistent 1954/55 beim Verband der bayerischen Metallindustrie. Bald wechselte er die Seite: Zunächst arbeitete er ehrenamtlich im Bereich der Bildungsarbeit bei der IG Metall, 1958 wurde er hauptamtlicher Mitarbeiter in der Verkehrsabteilung der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED). Über die Wirtschaftsabteilung stieg Hofmann auf zum Vorstandssekretär und anschließend zum Mitglied des Vorstands. Schließlich war er bis 1997 stellvertretender Vorsitzender der GdED. Wichtige Herausforderungen in seiner Zeit als aktiver Gewerkschafter waren die Arbeit in den neuen Bundesländern und dabei insbesondere der Streik 1990 gegen Massenentlassungen sowie der Streik für die 38,5-Stunden-Woche 1992.

Hofmann engagierte sich außerdem in der internationalen Gewerkschaftsbewegung und war zeitweise Sekretär eines SPD-Bundestagsabgeordneten. Als die SPD 1999 für den Kosovo-Einsatz stimmte, trat Hofmann aus der Partei aus.

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