Ulf Fink

Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
Ich bin als zweiter Sohn des Berufsoffiziers Walter Fink und seiner Ehefrau Käthe in Freiberg in Sachsen geboren. Mein Vater ist im Krieg gefallen und meine Mutter hat dann ein zweites Mal geheiratet. Aus dieser zweiten Ehe sind weitere vier Brüder hervorgegangen, sodass wir also zu insgesamt sechs Brüdern groß geworden sind. Meine Mutter und mein Stiefvater haben sich dann entschlossen, Ende der 40er Jahre von Freiberg nach Bochum zu gehen. Dort lebte meine Patentante, das war der Grund, weshalb man sich eben dann nach Bochum-Werne aufgemacht hat. Dort bin ich zur Schule gegangen und habe auch mein Abitur im Jahr 1962 in Bochum-Langendreer gemacht. Diese Zeit war insbesondere auch durch das Familiäre bestimmt. Das kann man sich vorstellen, mit fünf Brüdern groß zu werden, war für meine Mutter nicht ganz einfach. Für uns war es schön, aber das hat mich natürlich sehr stark geprägt. Man wusste, man konnte nicht alles nur für sich alleine haben, man musste teilen. Dass es dabei gerecht zuging, darauf achteten alle Brüder ganz besonders, und insofern waren diese Erlebnisse ziemlich prägend für meine Entwicklung. Sie war auch darüber hinaus auch prägend, weil ich nach wie vor einen sehr engen Kontakt zu meinem Großvater hatte, der in Freiberg nach wie vor lebte, also dass ich meine Urlaube, die Ferien in der Schule regelmäßig in Freiberg verbrachte, was auch für mich insofern prägende Erlebnisse waren, weil es damals nicht ganz einfach war mit den Interzonenzügen von Bochum nach Freiberg zu kommen. Man musste bis nach Leipzig fahren und dann von dort weiter nach Chemnitz und von dort weiter nach Freiberg. Das waren zum Teil sehr überfüllte Züge, mit der Konsequenz, dass das doch Abenteuer waren und man als kleiner Junge auch es nicht einfach hatte, so einen Koffer überhaupt noch in den Zug mit hineinzubekommen. Und dann waren Stunde um Stunde auch in der Nacht und das waren doch sehr anstrengende Fahrten, die man dahin zu unternehmen hatte. Aber die wurden alle wieder dadurch wettgemacht, dass dann mein Großvater da war. Der war auch für mich so ein bisschen wie ein Vaterersatz. Ich hatte zwar ein gutes Verhältnis zu meinem Stiefvater, aber der so richtig Geliebte war der Großvater.
Das Allerwichtigste ist, dass man überhaupt weiß, wofür man eintritt. Das ist in der Politik häufig andersrum, dass die glauben, man sei dann ein guter Politiker, wenn man nur genau wüsste, wie die Mehrheiten sich da orientieren, und dann soll man möglichst laut schreien, wofür man dann ist, nämlich wofür die Mehrheit ist. Und ich glaube, das muss anders sein. Man muss zuerst wissen, wofür man eintritt, was man denn will, und dann muss man den Versuch unternehmen, Mehrheiten dafür zu schaffen, denn wenn man sie nicht direkt bekommen kann – darf man ja nicht in der Demokratie –, muss man auf die Mehrheitsbildung Rücksicht nehmen. Dafür ist es nun mal eine Demokratie. Dann muss man eben erst nicht versuchen, jetzt gleich sofort durchzu…, sondern man muss ein bisschen Zeit lassen, bevor man das versucht zu unternehmen, die Mehrheit, also die Menschen davon zu überzeugen, damit man eine Mehrheit dafür bekommt. Und das ist so da für mich der Begriff, der Unterschied in den wertorientierten Politiker und den mehrheitsorientierte Politiker. Unter wertorientierten Politikern verstehe ich so den… die Rita Süssmuth oder den Heiner Geißler oder den Norbert Blüm oder so, das sind wertorientierte, auch Biedenkopf, während es viele andere gibt, die eben gar nicht erst danach fragen, die sind anders sozialisiert worden.
Und dann 1990 hat der Gustl Fehrenbach, der die CDU-Position im DGB-Vorstand innehatte – ist ja eine alte Tradition, dass immer ein Schwarzer, ein stellvertretender Vorsitzender des DGB, um es auch deutlich zu machen, die parteipolitische Unabhängigkeit des DGB … Und, wie gesagt, der Gustl Fehrenbach hatte diese Position inne. Es endete dies, und insofern war dann an mich die Frage herangetragen, jemand in Vorschlag zu bringen, der eben diese Position besetzen konnte. Wir haben viele Gespräche geführt mit den Gewerkschaftsvorsitzenden, aber alle unsere Vorschläge, die wir unterbreitet haben, die sind nicht auf Wohlwollen gestoßen, bis zum Schluss dann, ich glaube, das war der Franz Steinkühler, zu mir gesagt hat: „Also Ulf, hör mal, du möchtest gerne, dass wieder Schwarze da im DGB-Vorstand … du selber bist doch sehr … auch frei und die anderen wollen wir nicht, wir wollen dich.“ Und das war für mich insofern erstaunlich, weil ich war zwar Mitglied der Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten, in den 80er-Jahren bin ich das geworden, aber ich war kein typischer Vertreter der Gewerkschaftsbewegung, sondern kam eher so aus dem christlich-sozialen Bereich, also von Caritas über Diakonie bis zu Lebenshilfe, und das war eigentlich eher so der Bereich, wo ich mich gut oder besser auskannte. Es ergab sich aber keine andere Alternative daraus, und insofern habe ich dann zum Schluss darin eingewilligt und habe dann gesagt, gut, dann mache ich das, und hatte die Hoffnung – so hatte ich auch in den Vorgesprächen mit denjenigen, die von den Gewerkschaften da die Gespräche geführt haben mit mir, hatte ich den Eindruck, dass ich auf den Feldern, wo ich besonders viel beitragen konnte, nämlich also Wiedervereinigung Deutschlandpolitik und auf dem Felde der Sozialversicherung, also Rentenversicherung, Krankenversicherung und so, das waren Felder, da kannte ich mich gut aus. Und deshalb hatte ich auch angenommen, dass ich halt mit diesen Aufgaben betraut wurde. Das war aber, nachdem ich gewählt worden bin, dann doch nicht so der Fall, sondern dann wurde die Aufgabenverteilung – das war ein schwieriger Akt, das hinzukriegen. Ich bekam jetzt nur eine Teilzuständigkeit für das Thema Deutschlandpolitik und Renten- und Krankenversicherung überhaupt nicht, sondern das hat meine Kollegin Ursula Engelen-Kefer, die bekam die Zuständigkeit dafür, und ich bekam die Zuständigkeit für Bildungspolitik, für neue Technologien, für Arbeitsschutz und Umweltschutz, alles Felder, die toll waren, aber von denen ich bis dahin eigentlich keine Ahnung hatte. Also das war für mich spannend.
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Ulf Fink wurde am 6. Oktober 1942 im sächsischen Freiberg geboren. Nach dem Abitur studierte er von 1962 bis 1966 Volkswirtschaft in Marburg, Hamburg und Bonn. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Dort war er für den Bundesminister und CDA-Vorsitzenden Hans Katzer tätig, der ihn in Kontakt mit der christlich-sozialen Arbeitnehmervertretung brachte.

1970 wechselte Fink in den Planungsstab der CDU/CSU-Fraktion und trat bald darauf in die CDU und die CDA ein. 1979 wurde er Bundesgeschäftsführer der CDU. Nach dem Wahlsieg der CDU in Berlin unter Richard von Weizsäcker 1981 übernahm Fink das Senatorenamt für Soziales und Gesundheit, das er bis 1989 bekleidete. Von 1985 bis 1992 war er zudem Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.

Als Experte für Sozialpolitik war Fink, seit 1983 Mitglied der NGG, von 1987 bis 1993 Bundesvorsitzender der CDA. Von 1990 bis 1994 war Fink stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, wo er die Abteilungen Umwelt und Gesundheit, Technologie/Humanisierung der Arbeit sowie Berufliche und Allgemeine Bildung leitete.

1991 bis 1993 war Fink Vorsitzender des CDU-Landesverbands Brandenburg, von 1994 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit seinem Ausscheiden aus der Politik ist Fink als Vorsitzender des Vereins Gesundheitsstadt Berlin sowie in der Organisation von Gesundheitskongressen aktiv.

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