Wilhelm Söhlke

IG Metall
IG Metall
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Betriebsrati
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Betriebsrati
Angestelltei
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Personalabbaui
Ich hab eine Ausbildung, oder ich hab meine, meine Schulausbildung war Volkssschule, das war damals, äh, war das Usus, und äh, da fehlte denn natürlich auch Geld, um eine höhere Schulausbildung zu bekommen. Und somit bin ich bis, äh, bin ich von 1948, ‘47 bis 1955 zur Volksschule in Aurich-Extum, äh, gegangen. Und 1955 wie die Volksschulausbildung dann zu Ende war, äh, war das, äh, war die Frage, ja, was macht man. Was für ’ne berufliche Ausbildung möchtest du machen? Und mein Vater, der war leider 1953 war der mit seinen drei, äh, handwerklichen Meisterberufen, war der in Insolvenz gegangen. Das heißt, er hatte eine Fahrradwerkstatt, er hatte eine Maschinenbauwerkstatt und er hatte Heizungsbau. Und damit war er überfordert und leider ist dann diese Firma, ähm, den Bach runtergegangen. Und mein Vater hatte denn das Glück bei den Rheinstahl-Nordseewerken, so nannte sich diese Firma damals in Emden, die heutigen Nordseewerke, war er denn dort als Betriebsleiter, äh, hat er eine Anstellung gefunden, und somit hatte er auch, und das muss ich auch ehrlicherweise sagen, ähm, so’n bisschen Beziehung, äh, für mich eine Lehrstelle zu bekommen. Ich wollte, eigentlich wollte ich Radio, äh, Mechaniker werden, aber ich sollte dann bei den Nordseewerken denn die Ausbildung zum Starkstromelektriker machen. Ich bin denn auch im April acht-, ’55 angefangen, hab dreieinhalb Jahre dort bei den Nordseewerken die Ausbildung als Starkstromelektriker, äh, mitgemacht. Schon damals 1955, wie wir als Lehrling anfingen, äh, die Nordseewerke waren gewerkschaftlich, äh, sehr stark, äh, und hatte einen sehr starken Betriebsrat und wir als Lehrlinge, äh, wurden, äh, aufgefordert, Mitglied in der Gewerkschaft zu sein, zu äh, werden. Und äh, für eine D-Mark, äh, mussten wir dann von unserm kargen Lohn abzwacken.
Unser Chef war unglücklich darüber, äh, dass er, ja, dass er nicht die richtigen Leute hatte, um da Ruhe reinzubringen. Da ging es um Tariflöhne, die von=von plötzlich auf, äh, um=um=um fünfzehn Prozent erhöht werden sollten, und=und=und. Ich weiß gar nicht mehr genau, warum das äh, äh, also- Es gab viele, viele Gründe. Aber da war jeden Tag Klamauk und jeden Tag waren Sitzungen, und das passte unserm Chef nicht, und er hatte da keinen, der da nun äh, pff, ja, mit dem er sprechen konnte, um Ruhe reinzubringen. Der kam er eines Tages zu mir und sagte, „Herr Söhlke, im, äh, September sind die nächsten Wahlen, und ich möchte gerne, dass Sie sich aufstellen als äh, Betriebsrat.“ Sagte ich dann „Nee, nun ist aber Schluss. Das, das mach ich auf keinen Fall. Da suchen Sie sich jemand anders.“ Ich konnte, ich hab mehrmals widersprochen, aber er hat immer wieder gesagt, „Lassen Sie sich aufstellen, und denn gucken wir weiter.“ Dann hab ich mich aufstellen lassen, wir waren neun Arbeitnehmervertreter und zwei Angestelltenvertreter und ähm, unser Betriebsrat, also der Vorsitzende war eigentlich ein sachlicher Typ, aber äh, er wurde von den andern dermaßen, pff, ja, von, gewerkschaftlich so aufge-, aufge-äh-wiegelt, dass er, er eigentlich nur dann noch, nur noch Mitläufer war.
Wir hatten eine Situation in Deutschland wo, äh, viele Arbeitsplätze abgebaut werden mussten, das heißt, wir waren, im Schiffbau hatten wir Überkapazitäten und äh, jeder, jede Werft wurde aufgefordert, äh, zu, abzubauen. Und äh, das war von unserm Chef, äh, war, er hatte den Eindruck, das ist eine politische Entscheidung gewesen, aber nicht nur eine politische Entscheidung, er hat auch sich dazu bekannt, dass auch sein Buchhalter, der Prokurist, äh, fehlerhafte, äh, äh, Buchführung gemacht hat. Da waren sehr=sehr große Fehler drin, das ging um Millionenbeträge, konnte unser Chef gar nicht verstehen, aber er hat das mit als Begründung angegeben. Und das ist in Hannover, äh, bei der Steuerprüfung ist das aufgefallen, und die äh, Landesbanken in Hannover, die haben gesagt „Zur Jansen-Werft keinen einzigen Pfennig mehr.“ Somit kriegte er keine Kredite , Schiffe, die wir schon in Auftrag hatten, konnten wir dann nicht mehr bauen. Also ihm blieb eigentlich nur, nur als einzigstes Mittel, die Insolvenz anzumelden. Und das war natürlich, äh, sehr=sehr schade. Das war 1987 im Mai, dritter Mai, und das schlimme war, dass wir, äh, alle kopflos waren. Wir hatten ja 500 Mitarbeiter und jede Familie oder jeder Mitarbeiter hatte ’ne Familie und äh, wir alle wollten helfen, und wir haben denn geholfen, indem wir protestiert haben als Gewerkschafter der IG Metall da protestiert man und dann geht man auf die Straße und sagt, „Wir wollen unsere Firma retten.“ Wir sind nach Hannover gefahren. Da haben wir, ich glaub an die zehn Busse eingesetzt. Wir haben da Transparernte und äh, vorm Landtag und vor den Banken und so weiter und sind wieder zurückgefahren, haben immer gehofft so, vielleicht ist es für uns eine Hilfe. Wir sind durch Leer gezogen und so weiter. Also wir haben wirklich von der Seite haben wir alles gemacht. Wir haben ‘n Gespräch mit unserm Bürgermeister der Stadt Leer ge-, äh, gesprochen und nachher kristallisierte sich das raus, also dass uns zu Hilfe weiterzumachen etwa drei Millionen, äh, DM fehlten. So, diese drei Millionen DM, die wollten wir von der Stadt Leer haben. Aber die haben uns auch nicht geholfen. Die haben, äh, uns das verneint und somit, äh, gab es überhaupt gar keinen Ausweg und es wurde dann ein Konkursverwalter, ein Herr Schulz aus Bremen, äh, präsentiert, und der hatte dann die Aufgabe noch zumindestens zu retten, was noch zu retten ist.
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Wilhelm Söhlke wurde am 12. August 1940 in Aurich geboren. Von 1955 bis 1958 absolvierte er eine Ausbildung zum Starkstromelektriker bei den Nordseewerken in Emden. Anschließend fuhr er vier Jahre zur See. Nach seiner Rückkehr legte er 1964 nebenberuflich die Meisterprüfung ab, später schulte er sich noch zum Sicherheitsingenieur weiter. 1969 nahm er eine Stelle bei der Jansen-Werft in Leer an. Dort wurde Söhlke 1973 in den Betriebsrat gewählt. Nach dem Konkurs der Werft wechselte er 1987 zu Kautex, wo er nicht mehr für den Betriebsrat kandidierte.

Seit Beginn der Ausbildung war Söhlke gewerkschaftlich organisiert, zunächst als Mitglied der IG Metall, später wechselte er zur IG Chemie-Papier-Keramik. Parteipolitisch war er nicht gebunden. 1970 gründete er den Industriemeisterbund Ostfriesland/Emsland, dessen Vorsitzender er bis 2000 war. Außerdem engagierte er sich von 1987 bis 2008 im Kirchenvorstand seiner lutherischen Gemeinde.

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