Begriffe, die in der Sprache benutzt werden, prägen das Denken der Menschen. Und Menschen verhalten sich auch nach ihrem Denken, nach ihrer Meinung. Wenn man die nichtdeutschen Arbeitnehmer in Deutschland früher als Gastarbeiter genannt hat, war ich ja dagegen. Denn wir sind keine Gäste. Gäste lässt man nicht arbeiten, hab ich immer gesagt. Dann hat man ausländische Arbeitnehmer gesagt. Dann hab ich gesagt, nein, wir sind keine Ausländer. Wir sind entweder eingewanderte Inländer, sogar geborene und hier aufgewachsene Inländer, insbesondere in den 70er, 80er Jahren, denn wenn man Deutsche sagt und dann sozusagen das Gegenteil von Deutschen sucht, kann man nicht Ausländer sagen. Das Gegenteil von Ausländer ist Inländer. Also Inländer – Ausländer. Deutsche – Nichtdeutsche. Deswegen hab ich gesagt, entweder sind wir Nichtdeutsche, ne? Aber Ausländer sind wir nicht. Wir sind eingewanderte Inländerinnen und Inländer. Ich erinnere mich an eine wieder Rede – sagen wir mal so – bei einer parteipolitischen Veranstaltung damals in Frankfurt. Unser Oberbürgermeisterkandidat war damals Volker Hauff, noch Kandidat und ich hab dann auch in dieser großen Veranstaltung, Versammlung gesprochen und unter anderem gesagt, ja, liebe Genossinnen und Genossen, ausgehend von einem Ausspruch von John F. Kennedy, der 1961 mal in Berlin gesagt hatte in seiner Rede: Ich bin ein Berliner, dann hat ja ganz Deutschland ... ganz Deutschland gejubelt. Das habe ich zum Anlass genommen und gesagt, ja, liebe Genossinnen und Genossen, ich sage seit über 20 Jahren: Ich bin ein Frankfurter, und kein Mensch nimmt Notiz davon. Also ich hab auch verlangt, dass die nichtdeutschen Kolleginnen und Kollegen sich wirklich identifizieren mit dem Ort, mit der Gesellschaft, in der sie leben. Tatsächlich ist es so, ich hab ja davon auch gesprochen, dass ab praktisch 73/74 eine faktische Einwanderung begonnen, stattgefunden hat und dann ab Mitte 80er Jahre haben wir ja angefangen, praktisch den Kampf für die rechtliche und politische Gleichstellung, Gleichberechtigung zu führen. Also diese drei Phasen muss man immer im Kopf behalten. Die Phase der faktischen Rotation, die Phase der faktischen Einwanderung und die Phase des Kampfes um Emanzipation. Und diese dritte Phase, wenn man so will, geht ja weiter. Wir sind ja noch nicht, immer noch nicht soweit, dass – sagen wir mal – Menschen anderer Herkunft emanzipiert sind im Sinne der, ja, völligen Befreiung von Diskriminierung, Unterdrückung und so weiter und so fort und deswegen muss sozusagen diese Auseinandersetzung um Integration im Sinne der rechtlichen und politischen Gleichstellung, Gleichberechtigung, aber auch der gesellschaftlichen Gleichbehandlung weitergeführt werden. Um das zu erreichen, müssen auch strukturelle Maßnahmen ergriffen werden. Denn eigentlich die Fragen der Integration sind soziale und ökonomische Fragen. Wenn wir die Arbeitslosigkeit beseitigen, sagen wir mal, Vollbeschäftigung erreichen, dann gibt es weniger, in Gänsefüßchen, „Ausländerfeindlichkeit“ oder Konkurrenzdenken. Wenn wir Bildungsreformen durchsetzen, also integrierte Gesamtschulen als Ganztagsschulen flächendeckend anbieten und ermöglichen, dass Kinder, welcher Abstammung auch immer, mindestens also 10 Jahre gemeinsam lernen und entsprechend gefördert werden in kleinen Klassen, dann gibt es, ja, keine Verlierer ...